Orbital – Wonky
Gemeinsam mit Leftfield, Underworld und den Chemical Brothers haben Orbital das Bild der britischen Electronica-Landschaft entscheidend mitbestimmt. 2004 löste sich das Duo um die Brüder Phil und Paul Hartnoll auf, nur um fünf Jahre später ein Live-Comeback zu feiern, das von der Compilation „Orbital 20“ begleitet wurde. Über die vergangenen Monate konnte man die Briten im Studio begleiten bei den Aufnahmen ihres neues Albums. „Wonky“ heißt das Comeback-Werk und bedient sich klassischer Orbital-Trademarks, die mit kontemporären Sounds vermischt wurden. Ob die Gebrüder Hartnoll damit den Geist der 90er einfangen können?
Wer sich ein zweites „In Sides“ erwartet, wird bitter enttäuscht werden, wobei es Orbital gar nicht darauf anlegen, sich all zu sehr zu wiederholen, auch wenn man natürlich auf vertraute Klänge trifft. „One Big Moment“ eröffnet das Album mit einem herrlich blubbernden Soundtrack-Moment, wie man ihn von den beiden Briten bestens kennt, dem das pumpende „Straight Sun“ mit „The Middle Of Nowhere“-Flair beiseite gestellt wird. Das vorab als Gratis-Download erhältliche „Never“ wird zum ersten Highlight mit seinem forschen Auftreten und den analogen Synthis. Gerade der Mittelteil um das schwerfällige, klassisch anmutende „Distractions“ und die Detroit-Hommage „Stringy Acid“ setzt Ausrufezeichen und klingt so, als ob Orbital wieder in ihren besten Zeiten angekommen seien.
Zu besagten ‚besten Zeiten‘ zählt auch der Klassiker „Satan“, der in Form von „Beelzedub“ eine weitere Bearbeitung (neben dem überaus erfolgreichen Live-Mitschnitt ist wohl die „Spawn“-Version mit Metallica-Gitarrist Kirk Hammett die bekannteste) erhält. Als verruchter Skrillex-Banger mit Querverweisen auf das Original fällt das Ergebnis gewöhnungsbedürftig, wohl aber auch lohnenswert aus. Auch an den Titeltrack „Wonky“ muss man sich erst gewöhnen. Das verschrobene Pitch-Monster mit Raps und Gesang von Lady Leshurr würde man eher von Basement Jaxx erwarten, spricht aber dafür, dass sich Orbital nicht von der Gegenwart überholen lassen. Auch „New France“ mit seinem verhältnismäßig konventionellen Aufbau und großartig hymnischen Vocals von Zola Jesus, die man in derart Dance-poppigen Gefilden kaum erwarten würde, zeigt die Briten von einer neuen, überaus sympathischen Seite.
Mit dem abschließenden „Where Is It Going?“ schließen die Gebrüder Hartnoll ihr achtes Studioalbum mit Band-typischen Klängen ab, beenden die Reise gewissermaßen dort, wo sie 50 Minuten zuvor begonnen hat. Einfach ist „Wonky“ freilich nicht, denn gerade die „Satan“-goes-Dubstep-Bearbeitung und den verschrobenen Titeltrack muss man sich erst ein wenig schön hören, hat dafür auf der Haben-Seite aber klassische Orbital-Trademarks und deutliche Anzeichen dafür, dass sich das Comeback der Briten mehr als nur gelohnt hat. „Wonky“ kommt an die großen Klassiker der 90er-Jahre freilich nicht heran, bietet dafür aber für Nostalgiker und Experimentierfreudige eine Fülle an großartigen Tracks und neuen Hymnen, die vor allem live besonders gut funktionieren dürften. Auf dass es nicht die letzte Orbital-Platte bleibt.
VÖ: 06.04.2012
ACP Recordings (Warner Music)
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