Calvin Harris – 18 Months

Calvin Harris

Eineinhalb Jahre oder, anders gesagt, 18 Monate dürfte es etwa gedauert haben, bis Calvin Harris alle Zutaten für sein drittes Album „18 Months“ zusammen hatte: die selbstgeschriebenen Lyrics, die passenden Kompositionen und natürlich Stimmen, die die Texte gut vermitteln und mit dem Sound harmonieren. An sich ist das nichts Ungewöhnliches, doch begann der schottische DJ und Produzent auch bereits im Juni 2011 die erste Single aus eben diesem Album zu veröffentlichen. Einem „Bounce“ mit Kelis folgten Songs mit Rihanna, Ne-Yo, Example und nicht zuletzt die aktuelle Single „Sweet Nothing“, der Florence Welch (ohne ihre Machines) ihre Stimme leiht. So bleibt es beim Hören der CD nicht aus, dass man einerseits meint, ein Calvin-Harris-Best-Of-Album in Händen zu halten, und andererseits das Gefühl nicht loswird, auf einen Dance-Sampler mit den aktuell einflussreichsten Musikgrößen der Welt gestoßen zu sein.

Dass es aber nicht immer Guest-Vocals bedarf, beweisen die wenigen Songs, in denen der Macher höchstpersönlich zum Mikrofon greift. Geschehen bei der Vorab-Single „Feel So Close“ und „Iron“, einer Kollaboration mit dem niederländischen DJ und Produzenten Nicky Romero. Der letztgenannte Titel erinnert dabei durch seine stark verzerrten Sounds mit durchschimmernden E-Gitarren leicht an Daft Punk und markiert einen der Höhepunkte des Albums. Ganz ohne Gesang kommt neben dem Intro „Green Valley“ sowie den Interludes „Mansion“ und „School“ nur „Awooga“ aus. Dieser klingt im ersten Moment dank seines verspielten Super-Mario-Sounds nach einer „Bounce“-Reprise, mustert sich nach etwa 50 Sekunden jedoch – wenn auch etwas zu plump – zu einem eingängigen Elektrotrack der härteren Gangart, der trotz seiner zwischendurch auflockernden Klavier-Anleihen ziemlich stark nach vorne geht.

Geschmacksache ist sicherlich die kantige Gemeinschaftsproduktion mit dem US-Amerikaner Dillon Francis. Das kantige „Here 2 China“ wagt einen vergleichsweise risikobehafteten Ausbruch in die Welt des Hip Hop. Dabei wird das aus einer düster wummernden Bassline und schranzigen Sounds bestehende Instrumental gänzlich Dizzee Rascals Raps unterworfen. Auch die finale Nummer des Albums zeichnet sich weniger durch die typische Handschrift des Schotten aus, sondern vielmehr durch die Abweichung von der Norm. Harris punktet hier durch den Verzicht auf ein bekanntes Gesangstalent und seine für gewöhnlich mächtigen, schweren Beats: „Thinking About You“ überzeugt vor allem durch das luftige Arrangement und die unverbrauchte Stimme der jordanischen Singer/Songwriterin Ayah Marar, die bereits zuvor mit Calvin Harris zusammengearbeitet hat.

Der Grund, wieso der 28-jährige DJ scheinbar jedes seiner musikalischen Vorhaben mit Künstlern aus den verschiedensten Genres zu realisieren vermag, ist leicht gefunden. So lud Calvin Harris die Musiker nicht nur dazu ein, eines seiner Stücke einzusingen, sondern auch gemeinsam etwas zu kreieren. Dies drückt sich durch die überdurchschnittliche Beteiligung der Gast-Interpreten an den Lyrics oder der Komposition der jeweiligen Songs aus. Daher ist es wenig verwunderlich, dass einem Dizzee Rascal eine Harris-Produktion genauso gut steht wie einer quirligen Ellie Goulding. Dass ausgerechnet „We Found Love“ ein Welthit wurde und nicht nur regional zündete (wie die meisten anderen Singles), liegt wohl eher an dem Namen der Sängerin und weniger an dessen Überlegenheit gegenüber den anderen Tracks. Denn das dritte Werk des Schotten kann getrost als eine bunte Kette aus musikalischen Perlen beschrieben werden. Mit einem solchen Schmuckstück sollte sich auch ein bisher 31. Platz auf der vom britischen „DJ Mag“-Magazins herausgegebene Rangliste der weltbesten DJs nach oben korrigieren lassen.

VÖ: 26.10.2012
Columbia Records (Sony Music)

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