Jonathan Jeremiah – Gold Dust

Jonathan Jeremiah

Die Geschichte ist hinlänglich bekannt: Jonathan Jeremiah schob Nachtschichten im Sicherheitsdienst der Londoner Wembley Arena, um sein Debütalbum zu schreiben und sich die Orchester-Aufnahmen dafür leisten zu können. In „A Solitary Man“ stecken viele Jahre an Arbeit, die sich hörbar ausgezahlt haben und dem Briten entsprechenden Zuspruch brachten. Singles wie „Heart Of Stone“ und das auf dem Soundtrack zu „What A Man“ enthaltene „Happiness“ summt man immer noch im Radio mit. Nur 14 Monate später erscheint der Nachfolger „Gold Dust“.

Was sich oberflächlich wie ein Schnellschuss liest, ging tatsächlich leicht von der Hand und wurde einmal mehr mit symphonischer Unterstützung – in diesem Fall das niederländische Jazz- und Pop-Orchester Metropole Orkest – eingespielt. Man erlebt 24 Stunden im Leben des Protagonisten, beginnend mit dem Titeltrack „Gold Dust“, der von einer durchgemachten Nacht im Club und dem Heimweg in den frühen Morgenstunden handelt. Der Song wird immer lauter und lauter, getragen von Jeremiahs wohlig warmer Stimme und ebenso weichen Streichereinsätzen. Nach knapp drei Minuten hebt der Track ein wenig ab, wendet sich dem Sonnenlicht zu, lässt den Briten schon mal ein wenig forscher, fordernder werden.

Neben solch unverfänglichen, sympathischen Tracks wie der verschmitzten ersten Single „Lazin‘ In The Sunshine“, dem euphorischen „The Time Of Our Lives“ und dem großen, dramatischen Abschluss „Caffeine & Saccharin“ sind es vor allem die persönlich gefärbten Momente, die „Gold Dust“ so besonders machen. „Fighting Since The Day We Are Born“ mit seiner eindringlichen, druckvollen Instrumentierung und dem leidenschaftlich gesungenen Refrain begleitet Jonathan Jeremiahs Vater in dessen letzten Lebensmonaten, bevor er den Kampf gegen eine unheilbare Krankheit verlor. „Chatsworth Ave.“ leidet mit seiner Mutter, die an Motorneuronenerkrankung leidet, während „All We Need Is A Motorway“, dieses feine, akustische Zwischenspiel, vom Wunsch der Eltern, sich eines Tages in einem Haus an der Küste zur Ruhe zu setzen, handelt.

Vermutlich fasst „Everyday Life“ Jeremiahs zweites Album am besten zusammen; nicht etwa musikalisch, denn diese minimalistische Prä-Britpop-Vision gehört zu den ruhigsten Tracks der Platte. In einer kleinen Pause nach einer längeren Tour-Phase beobachtete er das alltägliche Treiben vor seinem Fenster und verschränkte verschiedene Geschichten und Einzelschicksale miteinander in einen Song. Es ist nicht nur die Liebe zum musikalischen Detail und das Arbeiten mit Vintage-Equpiment und echten Musikern (im Gegensatz zu Samples und Konserve), die Jonathan Jeremiahs Musik besonders machen, sondern gerade seine Beobachtungsgabe, sein Aufgreifen von vergleichsweise (aber eben nicht ausschließlich) banalen Themen und das Verpacken dieser in kleine Songperlen. „Gold Dust“ lebt davon und klingt wie ein Soundtrack zu einem Film, der erst gedreht werden will, ja geradezu muss.

VÖ: 19.10.2012
Island Records (Universal Music)

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