Dio – Live In London – Hammersmith Odeon 1993
Auch mittlerweile vier Jahre nach seinem Tod purzeln immer wieder neue Dio-Releases in die Läden. Das Eindrucksvolle daran: Qualitative Schwankungen sind kaum festzumachen, was für den legendären Sänger an sich und auch für seine Nachlassverwalter (insbesondere seine Frau Wendy Dio) spricht. Nach einem Tribute-Sampler für Dios Krebs-Stiftung gibt es nun – wieder mal – Live-Material. Auf „Live In London“ wurde der Abschlussgig der Europa-Tour 1993 aus dem Londoner Hammersmith Odeon zu Dios sechstem Studioalbum „Strange Highways“ festgehalten.
Für Ronnie James Dio war es eine besonders spannende Zeit. Ein Jahr zuvor hatte er sich – nicht im Freundlichen – abermals von Black Sabbath getrennt, seine leicht veränderte Soloband zusammengetrommelt und mit „Strange Highways“ eines der musikalisch härtesten Alben seiner Karriere aufgenommen. Wenig überraschend liegt der Fokus des Auftritts vom 12. Dezember 1993 auf eben jener Platte mit gleich sechs dargebotenen Songs. Als Opener hält jedoch „Stand Up And Shout“ her, der Opener des ersten Soloalbums „Holy Diver“. Während sich die Band spielfreudig zeigt, kann man sich langsam aber sicher an die eigenwillige Kameraführung mit mittelprächtigen Fernaufnahmen und stellenweise bedingt nachvollziehbaren Close-Ups einstellen. Bis man visuell in den Gig hineinfindet, vergehen ein paar Tracks. Das gestochen scharfe Bild und der ebenfalls starke Sound helfen kräftig mit.
Dio selbst gibt den gut gelaunten Gastgeber, der nach dem Black Sabbath-Track „The Mob Rules“ freundliche, angesichts der Geschehnisse durchaus versöhnliche Worte für seine ehemaligen Weggefährten findet, und in weiterer Folge ein Hit-Medley einleitet. „Children Of The Sea“ leitet direkt in „Holy Diver“ über, auf das „Heaven And Hell“ folgt, bevor mit „Man On The Silver Mountain“ sogar ein Rainbow-Song Einzug ins Set hält. Die Band hat sich mittlerweile in einen Rausch gespielt, lässt den Track nahtlos in Vinny Appice‘ Drumsolo übergehen, bevor eine Reprise von „Heaven And Hell“ das Herzstück dieses Konzertes beschließt. Der Saal tobt, es setzt High-Fives, Daumen nach oben und klassische Teufelshörner satt.
Obwohl die Hitdichte nun deutlich abnimmt, lässt der Rest des Konzertes kaum Wünsche offen. Mit „Jesus, Mary & The Holy Ghost“ folgt der Opener von „Strange Highways“, zugleich einer der härtesten Dio-Tracks. Im beigelegten Booklet spricht Gitarrist Tracy G über seine kaum zu überhörende Liebe zu diesem Song. Nach „The Last In Line“ ist erst einmal Schluss, bevor Dio für drei weitere Songs auf die Bühne kommen. Das unvermeidbare „Rainbow In The Dark“ sowie die beiden Fan-freundlichen Hymnen „We Rock“ und „Here’s To You“ runden 90 Minuten Metal-Kunst ab. Dio selbst klatscht während den Zugaben immer und immer wieder mit der ersten Reihe ab, Bassist Jeff Pilson zerlegt bereits einen Song zu früh seinen ersten Amp.
Als Bonus auf der DVD- und Blu-ray-Version sind Backstageaufnahmen aus dem Hammersmith Odeon zu sehen. Im Makeup-Stuhl werden sämtliche Bandmitglieder interviewt – eine eigenwillige und doch sympathische Vorführung, die wohl am ehesten für Fans interessant sein dürfte. Alle anderen genießen ein fantastisches Konzert aus einer gnadenlos unterschätzten Dio-Ära mit einer mehr als spielfreudigen Band. Während des Remastering-Prozesses wurde aus „Live In London – Hammersmith Odeon 1993“ alles herausgeholt. Gewöhnungsbedürftige Kameraführung hin oder her – man realisiert einmal mehr, warum Ronnie James Dio heute so schmerzlich vermisst wird; ein starker Release ohne Wenn und Aber.
Live In London – Hammersmith Odeon 1993
VÖ: 09.05.2014
Eagle Vision (Edel Music Germany)
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