July Talk – July Talk
July Talk sind Kanadas Band der Stunde – und das, obwohl die erste Version ihres Debütalbum in der Heimat bereits 2012, zugleich Gründungsjahr des Quintetts, erschien. An vorderster Front stehen zwei Stimmen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Leah Fey ist die besonnene, selbstbewusste Voice of Reason, setzt (oberflächlich) liebliche Akzente, während Peter Dreimanis in bester Tom Waits meets Krümelmonster-Manier grummelt. Das Ergebnis, „July Talk“, lebt vom Spannungsverhältnis der beiden zwischen Indie-Gitarren, schwerem Blues und leichtfüßigem Pop.
Sämtliche Songs der Ende Mai veröffentlichten EP sind mit an Bord, darunter das titelgebende „Paper Girl“. Dreimanis brummt vor sich hin, getragen von einem dezent angepunkten Soul-Rock-Stampfer. Fey singt leicht und locker darüber, das geradezu bewegende Duett der beiden so unterschiedlichen Persönlichkeiten wird geschickt vorbereitet und herausgearbeitet. Ebenfalls nach wie vor ein Erlebnis: „The Garden“, ein herrlich verschwitzter Blues-Track, der gen Tanzfläche zieht. Bestens bekannt ist auch die aktuelle Single „Guns + Ammunition“. Hier zeigen July Talk, dass sie vor dem Einsatz von Keyboards und Synthis nicht zurückschrecken – eine weitere sympathische Facette ihres Sounds.
So breitgefächert das bereits bekannte Material auch sein mag, July Talk sind dennoch für Überraschungen gut. In „Headsick“ zitieren sie die Pixies, bevor sie im treibenden Power-Pop-Refrain regelrecht explodieren – es riecht nach Radio-Einsatz. Hernach könnte „Gentleman“ kaum gegenteiliger ausfallen, bewegt sich in sperrigem Zeitlupentempo vorwärts. Nach Feys schmeichelnden Strophen bringt Dreimanis‘ Einsatz das Harmoniegefüge erst recht durcheinander. Diese erhabene Erfahrung macht man im rasanten „Uninvited“. Zwischen Punk und leicht folkigem Rock winken The BossHoss aus dem vorbeipeitschenden Planwagen. Im abschließenden „I’ve Rationed Well“ schlagen sich die Kanadier schließlich erfolgreich mit Country-Hoffnungslosigkeit herum – ein bewegender, verstörend nackter Schlusspunkt.
Nach diesen 36 Minuten steht fest, dass das eponyme Debütalbum in seiner Deutschland-Ausgabe sämtliche vor Sommerbeginn gegebenen Versprechen einlöst. „July Talk“ ist eine jener Platten, die Genregrenzen sprengt, Indie-Feinschmecker und Konsenshörer eint, und somit im Prinzip in jeder gut sortierten Plattensammlung Platz finden sollte. Schwächen sucht man vergebens und genießt stattdessen ein unglaublich aufregendes Werk, eine wahre Machtdemonstration, das Zusammenspiel zweier Stimmen, so konträr wie harmonisch, und einer wie entfesselt aufspielenden Band. Ein besseres Album wird man diesen Herbst, vielleicht sogar dieses Jahr vergeblich suchen.
July Talk
VÖ: 19.09.2014
Sleepless Records / Vertigo/Capitol (Universal Music)
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