Motorpsycho – The Tower
Der Ausstieg von Drummer Kenneth Kapstad schien das kreative Momentum Motorpsychos im Juni 2016 jäh zu stoppen. Was anderen Bands das Genick bricht, wurde für die überaus fleißigen Norweger zum Motor. Ein halbes Jahr später übernahm bereits Tomas Järmyr den freigewordenen Posten hinter der Schießbude und das Trio ging als Musical-Begleitband ans Theater. Zwischendurch hatte man noch Zeit, das 31. Studioalbum „The Tower“ in Los Angeles und Joshua Tree einzuspielen.
Da Motorpsycho keine halben Sachen machen, ist der Nachfolger zu „Here Be Monsters“ gleich ein Doppelalbum mit knapp 85 Minuten Spielzeit geworden, das wieder eine ganz andere Richtung einschlägt. Bereits der eröffnende Titeltrack zeigt: So hart und heavy klangen die Norweger schon lange nicht, auch wenn es eine ganze Weile dauert, bis der anfangs verspielt jazzige Track einigermaßen auf Touren kommt. Fast noch mächtiger und packender: „A.S.F.E.“ mit Gast-Vocals von Homme-Intimus Alain Johannes. Dass der Song stellenweise mit einem dezenten Stoner-Vibe punkten will, passt ins kuriose Bild.
Es geht aber auch ganz anders, wie im folkig-psychedelischen „The Maypole“, das in aller Kürze gar kuriose Saiten aufzieht, oder das ähnliche verspielte, wenngleich unwahrscheinlich überlange „A Pacific Sonata“, dessen helles, klares Motiv allerdings nicht so recht zünden will. Aber keine Panik, denn mit der gewohnt ausufernden, epischen Klangreise „Intrepid Explorer“, dem Powerhouse „Bartok Of The Universe“ und dem grandiosen Finale „Ship Of Fools“ finden Motorpsycho wieder schnell in die Spur zurück.
Wie fast jedes Album der Norweger verlangt auch „The Tower“ ein paar zusätzliche An- und Durchläufe, um einigermaßen zu zünden. Der deutlich härtere, gen Classic Rock schielende Kurs bekommt Motorpsycho recht gut, auch wenn sie mit „A Pacific Sonata“ stellenweise Prog-Kitsch-Albträume wahrmachen. Mächtige Heavy-Hitter, filigrane Psych-Klangreisen und der gewohnt kauzige, auf faszinierende Weise suchende Sound machen diesen kleinen Durchhänger aber lässig, doppelt und sogar dreifach weg – eine spannende, schwierige und doch über weite Strecken begeisternde Platte.
The Tower
VÖ: 08.09.2017
Stickman Records (Soulfood Music)
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