AJJ – Good Luck Everybody

AJJ
(c) Steph Carrico

AJJ waren schon mal glücklicher. Die Welt um sie herum wird scheinbar immer düsterer und hässlicher, und so rücken die Folk-Punks den Blick mehr denn je auf die gruseligen Aspekte des modernen Lebens in Amerika. Wer als Hauptdarsteller agiert, kann man sich wahrscheinlich vorstellen. So ist „Good Luck Everybody“, der Titel des neuen Albums, durchaus zynisch zu nehmen. Und auch musikalisch spielt die US-Band mit den Erwartungen.

Sind Songs wirklich nur Eigenwerbung? „A Poem“ arbeitet sich an dieser Theorie ab und lädt unter anderem Laura Stevenson und Jeff Rosenstock ins Studio ein. Ohne Aufmerksamkeit verhungern Künstler, und das ist auch in Ordnung – so das bissige Credo, auf das mit „Normalization Blues“ der erste politische Seitenhieb folgt. Der flotte, hektische Folk-Blues besingt die neue Normalität in post-faktischen Zeit. Wer laut genug schreit, bekommt recht. Das Ende ist so und so nur einen Knopfdruck entfernt – „good luck everybody“, folgt der Albumtitel als Credo.

Wäre es vielleicht besser, die problematische politische Elite in Bausch und Bogen zu entsorgen? Der krude, bitterböse Indie-Pop-Track „Mega Guillotine 2020“ mit freundlicher Unterstützung von Kimya Dawson arbeitet sich an einem humorvollen Tweet über eine solche, an das Enthauptungswerkzeug der französischen Revolution angelehnte Maschine ab. Schließlich widmet sich „Psychic Warfare“ dem orangen Terror im Weißen Haus und verbreitet damit gewohnt höfliche Aggression, von sanften Tönen, Cello und Violine begleitet. Und dann spaziert „A Big Day For Grimley“, befreit pfeifend, der Apokalypse entgegen. Alles ist eitel. Alles ist egal.

Irgendwie schräg: Obwohl sie sich musikalisch deutlich breiter aufstellen und zugleich ein wenig von den Wurzeln abwenden, klingen AJJ auf ihrem neuen Album punkiger denn je. Die verschmitzte Revolution verbreitet Kekse mit Stahlkanten und erreicht neue lyrische Höhen. Die einzelnen Arrangements von „Good Luck Everybody“ geben sich vielschichtig, kurzweilig und zweckdienlich – das Augenmerk wird konzentriert und konsequent auf die Texte gerichtet für eine neue, zumindest etwas andere AJJ-Erfahrung. Gewöhnungsbedürftig mag das allemal sein, aber auch bärenstark.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 17.01.2020
Erhältlich über: Specialist Subject Records (Broken Silence)

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