Kevin Krauter – Full Hand

Kevin Krauter
(c) Michael Newsted

Vor zwei Jahren machte Kevin Krauter erstmals auf sich aufmerksam. Der junge Singer/Songwriter aus Indiana mit einem Händchen für anspruchsvolle Pop-Klänge schwamm sich auf „Toss Up“ frei und legte den Grundstein für das, was jetzt auf „Full Hand“ deutlich erwachsener und (selbst-)kritischer klingt. Krauter setzt sich mit seinem religiös geprägten Elternhaus, der eigenen Sexualität und wachsendem Selbstvertrauen auseinander – eine Art innere, persönliche Inventur in zwölf Kapiteln.

Zu den schönsten Stücken dieses Albums zählt die erste Single „Surprise“, dessen reduzierte Gitarren einen warmen Turnover-Fuzz erzeugen, ohne Krauters omnipräsentes Pop-Appeal zu unterschlagen. Die Abhandlung über zerschlagene Träume wirkt butterweich und eindringlich zugleich, etwas schrill und doch richtig schon gemütlich. Der Fuzz- und Gaze-Nebel lichtet sich allerdings wieder. Für den Titelsong „Full Hand“ holt sich der Singer/Songwriter die Gitarre zurück, nun allerdings deutlich klarer angeschlagen und von dezent entfremdeten Harmonien begleitet – frühlingshaft, fast schon frühsommerlich tönt es aus den Boxen.

„Opportunity“ deutet nach dem Intro klassischere Pop-Wege an, nur um sich davon wieder zu distanzieren und in Art-Gefilden, welche eine Prise Bon Iver mitbringen, zu schwelgen. Im Anschluss bringt „Patience“ eine an „Every Morning“ von Sugar Ray erinnernde Melodie ein, übt sich jedoch in Understatement und lässt sich von der geloopt wirkenden Hook einfach treiben. Ein Hauch von Soul und 80s in „Green Eyes“, die verschachtelte Tanzbarkeit von „Kept“, das eindringliche „Pretty Boy“ – Perlen gibt es in Hülle und Fülle zu vernehmen.

„Full Hand“ wirkt nett, geradezu brav, als ob es unsichtbar bleiben und niemandem Schmerz zufügen möchte. In diesem Meer an Understatement ergeben sich echte Perlen, welche das Pop-Verständnis durchaus auf die Probe stellen. Keine typische Radiomucke, dafür liebliche Arrangierungen mit überaus nachvollziehbaren Texten – eine Ode an die musikalische Einfachheit, von kleinen Hits gesäumt. Kevin Krauter bestätigt die Form seines Debüts mit diesem kleinen Wunderwerk und etabliert sich schnell als neue, packende Stimme im Art- und Indie-Pop-Feld.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 28.02.2020
Erhältlich über: Bayonet Records (Cargo Records)

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