KID DAD – In A Box

KID DAD
(c) Max Zdunek

Das ewige Gedankenexperiment um Schrödingers Katze – lebt sie noch oder rastet sie bloß ihre Augen? – beschäftigt nach wie vor und dient als vielfältiger Quell der Inspiration. KID DAD vertonen das Paradoxon auf Albumlänge, für ein Debüt gleichermaßen mutig wie faszinierend. Das Paderborner Quartett, ursprünglich als Grunge-Band gestartet, ist mittlerweile in den verschiedensten Alternative- und Rock-Gefilden verhaftet und lässt eine Pluralität packender wie abwechslungsreicher Einflüsse von Punk über Prog bis Post-Hardcore zu. „In A Box“ versucht aus der Katzenschachtel auszubrechen.

Lineare Arbeitsweisen werden überbewertet, das zeigt bereits das eröffnende „A Prison Unseen“. Hier kommen zwei Ideen zusammen, die lange Zeit unvollendet geblieben waren – das gewisse Etwas fehlte – und sich nun perfekt ergänzen. Zwischen funkelnder, fieberhafter Aufbruchsstimmung im Refrain und emotional aufgeladener Fragilität in den Strophen ergibt sich ein spannender, mitreißender Spagat. „Happy“ arbeitet ebenfalls mit Laut-Leise-Dynamik, bloß noch direkter und kompromissloser. So springt der Chorus arschlings ins Gesicht mit seinem zügellosen Auftreten zwischen Punk und Grunge, eine Art „Song 2“ mit zusätzlichen Kanten.

Es geht auch ohne große Explosion, wie unter anderem „The Wish Of Being Alone“ zeigt. Über weite Strecken mäandern KID DAD in der endlosen Suche nach dem großen Aha-Effekt, docken kurzzeitig an Post-Rock-artige Aufbauten an – eine kleine, dramaturgisch wertvolle Explosion darf nicht fehlen – und finden doch wieder zurück zum reduzierten Glück. Der eigentümliche Rhythmus von „Your Alien“ beantwortet Fragen, die sich niemand zu stellen traut, während „[I Wish I Was] On Fire“ abermals geschickte Spannungsbögen klöppelt. In „Limbo“ finden schließlich beißende Härte und vertraute Blackmail-Einflüsse in poppigen Auslegern zusammen. Das Spiel mit den Gegensätzen zählt zu den Höhepunkten dieses Debüts.

Wiederholt um mehrere Ecken gedacht und dabei doch auf sympathische Weise sortiert: KID DAD verstehen den Wert präziser, wechselhafter Songaufbauten auf beeindruckende, durchaus atemberaubende Weise. Jeder Track ist klar strukturiert und doch gewissermaßen unvorhersehbar, weil die Paderborner kleine Überraschungen, unorthodoxe Widerhäkchen und emotionale Schwerlast gekonnt miteinander zu verbinden wissen. „In A Box“ klingt somit passenderweise wie ein Widerspruch in sich und löst sich, im Gegensatz zur berühmten Katze, in begeisternden Wohlgefallen auf. Ein Einstand wie ein Wohlfühlschlag in die Magengrube.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 21.08.2020
Erhältlich über: Long Branch Records (SPV)

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