Man On Man – Man On Man

Man On Man
(c) Jack Pierson

Liebe ist alles, sangen einst Rosenstolz, und damit wäre dieser Text bereits mit dem ersten Satz an die Wand gefahren. Auch das ist Kunst. Man On Man sind hingegen einfach nur toll, denn das wunderbare Paar spricht sich für die Schönheit der Liebe aus, für Body Positivity und für die Kraft, die nur aus dem Gemeinsamen entstehen kann. Joey Holman (Holman) und Roddy Bottum (Faith No More, Imperial Teen) überlebten das vergangene Jahr gemeinsam, verloren ihre Mütter, verloren Jobs und saßen auf gepackten Umzugskartons. Als sympathisches Doppel verpassen sie archetypischer Queer- und Gay Music mit dem schlicht „Man On Man“ betitelten Album eine Frischzellenkur.

Bereits die erste Single „Daddy“ sorgte für kleine Schockwellen und wurde ursprünglich von YouTube entfernt. Offensichtlich sind zwei in Unterwäsche tanzende Herren mittleren Alters zu viel für zartbesaitete Algorithmen. Der Clip wurde nach Protesten wieder online gestellt und der Song dahinter ist auch ohne Begleitumstände richtig toll. Herrlich reduzierte Indie-Pop/Rock-Sounds mit elektronischen Einschüben und stoischem Geblubber brennen sich ein, der butterweiche bis aufwühlende Gesang kommt ebenfalls gut. „It’s So Fun (To Be Gay)“, erklärt das Duo im Anschluss, und wirft eine Art Gaze-Pop-Hymne für die erweiterte Community ab. Dass man sich eigentlich mit dem Tod der Mütter auseinandersetzt, offenbart sich erst später.

Man On Man haben nicht unbedingt Bock auf Provokation, sondern wollen einfach nur zeigen, wie bunt und vielfältig Liebe sein kann. Diese Vielfalt schlägt sich auch auf die Musik nieder, siehe und höre die reduzierte Piano-Ballade „You’re My Everything“, auf das mit „Two At A Time“ ein relativ schroffer Rocker mit schepperndem Drum-Computer folgt. Gerade die zweite Hälfte fällt insgesamt deutlich ruhiger und verspielter aus („Kamikaze“ ist ein waschechter Dream-Pop-Song), doch fand die beste Nummer bereits gleich zu Beginn statt. „Stohner“ breitet sich über sechs majestätische, anmutige Shoegaze-Minuten aus. Zwar kommen immer mehr Spuren hinzu, nehmen die Vocals schon mal verführerische Qualitäten an, doch bleibt die Grundidee immer gleich. In dieser Schlichtheit liegt erstaunliche Kraft.

Tatsächlich sind Man On Man einfach nur unwahrscheinlich sympathisch, egal ob auf Platte oder abseits. Ihre Musik hat herzlich wenig mit typischen Queer-Anthems zu tun und schreibt das vermeintliche Genre neu, zumal gerade der Rock-Sektor dahingehend bislang dünn unterwegs war. Außerdem ist das Debütalbum voller richtig guter Songs zwischen Gaze und Feingefühl, die sich festbeißen und nicht mehr loslassen. Man On Man haben sich selbst gebraucht und gefunden; eine Freude, dass sie ihre (kreative) Zuneigung nun mit der Welt teilen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 07.05.2021
Erhältlich über: Big Scary Monsters (Membran)

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