I Feel Fine – The Cold In Every Shelter

I Feel Fine
(c) Midsummer Records

I Feel Fine richten den Blick nach innen und tragen das Er- sowie Gelebte nach außen. Das Quartett aus Brighton macht seinem mehrdeutigen Namen, der sowohl Zufriedenheit ausdrücken, aber auch zwischen Sarkasmus und Abtun des aufgewühlten Gemütszustands pendeln kann, alle Ehre. Und genau das spiegelt sich in den Lyrics von Gitarrist Nathan Tompkins widerspiegeln. Entsprechend fragil und kraftvoll zeigt sich der Sound, der Alternative Rock, Emo, Math, Post Rock und neuerdings sogar ein wenig Alternative Country mitbringt. Nach einer kurzweiligen EP ist „The Cold In Every Shelter“ das Debütalbum der vier Briten.

„Something New To Worry About“ ist in jeglicher Hinsicht der perfekte Auftakt für dieses überaus wechselhafte, im besten Sinne unberechenbare Werk. Es dauert über eine Minute, bis sich der Vorhang lüftet und I Feel Fine mit Emo-Punk-Elan nach vorne gehen. Sie singen Tompkins‘ Lyrics gemeinsam – ein häufig eingesetztes Stilmittel, das für Verbundenheit und hohe Energie sorgt. Währenddessen sorgen die Math- und Post-Anteile für komplexe Strukturen, für schwer nachvollziehbare Wendungen, für ruppige Explosionen und für Momente bewegender Schönheit.

Diese bezaubernde Intensität tritt in wechselnden Konstellationen und Zusammensetzungen über die gesamten 35 Minuten auf. Wie „Sail Maker“ das Tempo scheinbar aus dem Nichts verschärft, mit dem Mute der Verzweiflung abhebt und selbst im abruptesten Stilbruch so etwas wie Melodie einbringt, unterhält und verstört. Der ellenlange Rausschmeißer „Fold“ schielt sogar etwas in Richtung Post-Hardcore, klopft kurz bei Cursive an und findet schließlich zu einem versöhnlichen Chor. Ein eben solcher springt in „Elemenohpea“ förmlich entgegen, von schroffen Math-Riffs und kleinen, feinen Harmonien begleitet. Marginale Zäsuren halten den Song zusammen, rundherum dürfen sogar die Muckis kurz auftrumpfen.

In jeder Sekunde ist die herzliche Ehrlichkeit dieses Einstands greifbar. I Feel Fine nehmen kein Blatt vor den Mund, bemühen sich um Druck und schroffe Intensität, aber eben auch um greifbare Gefühle, um Harmonien, um die Kraft des gemeinsamen Vortrags. „The Cold In Every Shelter“ ist gewiss kein einfaches Album, die ungeschliffenen und oftmals unvorhersehbaren Arrangements sorgen dafür. Und gerade das macht die Platte fantastisch. Spürbares Herzblut, eine Liebe zur Musik und das starke persönliche Band der Musiker setzt Hochgefühle frei. I Feel Fine mögen sich vielleicht nicht immer gut fühlen, aber das ist in Ordnung. Und sorgt für ein unterhaltsames Debüt.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 10.09.2021
Erhältlich über: Midsummer Records

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