Drug Church – Prude
Auftauchen, Maßstäbe setzen und immer wieder einen drauflegen, das scheint das Motto bei Drug Church zu sein. 2011 in Albany im US-Bundesstaat New York gegründet, veröffentlichte das Quintett bislang vier Alben und verfeinerte seinen ursprünglich rohen Punk-Ansatz weiter und weiter. Ob schroffer (Post-)Hardcore auf der einen oder mächtiger Alternative Rock mit 90s-Einschlag auf der anderen Seite – spätestens mit dem im März 2022 veröffentlichten „Hygiene“ hatten sie den Kultstatus endgültig hinter sich gelassen. Nun winkt die verdiente Kür: „Prude“ hat das Zeug zum berühmten nächsten Schritt.
Nahezu standesgemäß führen Drug Church erst einmal auf die falsche Fährte, wenn die anfängliche Gitarre von „Mad Care“ am Horizont auftaucht. Aus dem Nichts explodiert der Track mit Hardcore, mit Punk und mit einer dreckigen Hook, die sich mit wachsender Begeisterung festbeißt. Auch „Myopic“ geht gerne aus sich heraus, gibt sich laut und finster, während den Strophen etwas Fragiles anhaftet. Der Blick in die Echokammer weiß zu verwirren. „Slide 2 Me“ nimmt sich hingegen zurück und klingt trotzdem nach einem überdimensionalen Pulverfass. Hier wird die Gitarre zum Star, packt eine der besten Melodien der gesamten Platte aus und ist doch stets um Verfremdung bemüht.
Davon hat auch „The Bitters“ mehr als genug, das als chaotische Anti-Hymne durchgeht, mit Wave-Einschlag punkt und im nächsten Moment beißenden, kathartischen Hardcore Punk ausspuckt. Derlei Vehemenz schätzt auch „Demolition Man“, wenngleich sich Drug Church hier bevorzugt selbst im Weg stehen. Kurz vor der etatmäßigen Explosion wird abgebrochen, nur um das stete Rumoren in den Mittelpunkt zu rücken. Die letzten beiden Tracks zünden hingegen die nächste Evolutionsstufe und sind lupenreine Hits. Erst überrascht „Yankee Trails“ mit einem Hauch Americana-Punk, der sich dennoch wunderbar dem eigenen Sound unterwirft, der kratzig wirkt und doch ins Ohr geht. „Peer Review“ dreht die Regler auf Elf, tränkt Hooks in Teer und nimmt dennoch in den Arm.
Dass diese eigentümliche Kombination funktioniert, spricht einmal mehr absolut für Drug Church. Ihr inzwischen fünftes Album bündelt die Widersprüche des Lebens und legt sie zum Besseren aus. Auch „Prude“ ist eine richtig große Platte geworden, einmal mehr verdammt kurz – in unter einer halben Stunde ist schon wieder Schluss – und doch so packend. Das US-Quintett gibt sich gleichzeitig wüster und wütender, packt zudem die vielleicht sogar stärksten Hooks bislang aus und lässt in dieser Zusammenkunft nicht den Hauch eines Paradoxons erkennen. Einmal mehr gelingt der Abriss aus der Umarmung gar famos.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 04.10.2024
Erhältlich über: Pure Noise Records (Membran)
Website: drugchurch.net
Facebook: www.facebook.com/drugchurch