Zement – Passagen

Zement
(c) Benjamin Brückner

Die Reise durch Raum, Zeit, Länder, Sphären und Genres geht in die nächste Runde: Zement halten so und so herzlich wenig von Scheuklappen und Grenzen, die zollfrei gesprengt werden. Das Duo aus Franken intensiviert seine überwiegend instrumentalen Exkurse von Album zu Album, sucht immer neue Welten auf, gibt sich elektronisch, krautig, psychedelisch, tanzbar und avantgardistisch. Dass hier sogar noch mehr möglich ist, zeigt aktuell das vierte Album „Passagen“ – jazzig, fuzzy, technoidig, noisig, ja sogar verstohlen punkig. Und doch dreht sich weiterhin alles um Bewegung, um den starken Geist und die mitschwingenden Körper.

Gleich zu Beginn wartet „Move/Procession“, ein krautiger Übersong, dessen motorisierter Drive sofort in den Bann zieht. Leger eingestreute Vocals – eine willkommene (ehemalige) Seltenheit – führen durch den nervösen und doch stets klaren Song, durch kurze Zäsuren, elektronische Spielereien und konstante Intensivierungen mit Nachdruck. Dass „Station To Station“ im Anschluss die leicht post-punkigen Tanzschuhe anzieht, bei Devo andockt, erneut singt und die Überspitzung der Kauzigkeit propagiert, macht natürlich Laune. So kompakt und unmittelbar wird es auf diesem Album nur selten – siehe und höre das forsche „Back To My Looping Cave“, ein atemloser Fuzz-Noise-Rocker, der trotzdem wunderbar zum Zement-Sound passt.

Selbstverständlich geht es auch komplett anders, unter anderem im abschließenden „The Night We Saw The Holy Ghost“. Disco-Ansätze treffen auf Weltuntergangsstimmung, technoide Depression kokettiert mit jazzigen Saxofon-Einschüben, während das Duo über sein Leitmotiv improvisiert. „Journeys To A Beautiful Nowhere“ nähert sich sogar der Zehn-Minuten-Marke an, liebt krautigen EDM und dreht LCD Soundsystem durch den V-Effekt-Fleischwork. Die Beiläufigkeit dieses Songs, wie ein ellenlanger Jam mit achtlos hingeworfenen Vocals, geht an die Substanz. Hingegen entpuppt sich „Better (Always Means Worse, For Some)“ als ellenlanges, fast tranciges Electro-Soundscape, mit zunehmender Beat-Wucht und betonter Unterkühltheit.

Und so befindet sich auch der neueste Streich in steter Bewegung, wenngleich dieser wilder und ausgefallener, aber auch understateter denn je ausfällt. Zement verweigern Konsolidierung, breiten die Ellenbogen aus und halten sich doch zurück. „Passagen“ schreitet von Welt zu Welt, sucht sich Allianzen und erkundet diese im Rahmen ausgedehnter Jam-Sessions. Überraschend kompakte Rocker finden hier ebenfalls Platz wie noch tiefere Abstiege in die Welten elektronischer Subkulturen, von Psych und Kraut zusammengehalten, mal eingängig und dann wieder kauzig bis avantgardistisch. Der verstärkte Vocal-Einsatz rundet die Präsentation gekonnt ab – ein vielschichtiges, stets aufregendes Album mit Herz, Hirn und Mehrwert.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 14.02.2025
Erhältlich über: Crazysane Records (Broken Silence)

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