Bob Mould – Here We Go Crazy

Ungebrochen betriebsam und kreativ, so zeigt sich der im Herbst 65 Jahre werdende Bob Mould. Die Alternative-Legende veröffentlichte das letzte, sehr politische Solowerk 2020, als die erste Amtszeit Trumps zu Ende gehen. Dass der Nachfolger nur wenige Wochen nach Beginn der zweiten erscheint, passt ins Bild. Mould widmet sich elementaren Themen, die sich auf die heutige Zeit umlegen lassen, wie Chaos versus Ordnung oder Mensch versus Natur, und reduzierte die Arrangements auf das, was wichtig ist, was ihn als jungen Gitarristen begeisterte. „Here We Go Crazy“, das 15. Soloalbum, serviert einmal mehr Alternative- und Power-Pop-Magie in Reinkultur.
Und das so atemlos wie lange nicht – elf Songs rattern in gut 31 Minuten durch und hinterlassen doch mächtig Eindruck. Dabei wiegt der eröffnende Titelsong „Here We Go Crazy“ noch so wunderbar in Sicherheit, entpuppt sich als butterweicher Power-Pop-Song, lebt von typisch großen Mould-Melodien und massig Distortion, die im folgenden „Neanderthal“ etwas mehr Tempo mitbekommt, an den Punk von Hüsker Dü erinnert und doch feinsinige Harmonien aus dem Ärmel schüttelt. Zucker setzt es keinen, das ist schon ein paar Jahrzehnte her, doch kann der Straight Shooter „Breathing Room“ mit stoischem Drumming dennoch überzeugen.
Die wirkliche Finsternis kommt erst in der zweiten Hälfte, wenn sich „Fur Mink Augurs“ aus erster Schwere erhebt und noisige Wucht samt Mini-Screams mit Eingängigkeit kreuzt. „Sharp Little Pieces“ geht stoisch nach vorne und lässt zugleich eine gewisse Melancholie erkennen. Der omnipräsente doppelte Boden legt sich wie Ballast auf die Seele. Das ruhigere „Your Side“ ist hingegen ein kleiner 60s-Rückgriff geworden, macht fast so etwas wie Hoffnung und könnte die Antithese zum knackigen, kurzweiligen „When Your Heart Is Broken“ sein – mindestens so pulsierend und doch understated wie das famose „You Need To Shine“.
„Here We Go Crazy“ bestätigt die starke Form der letzten Platten und zeigt 100 % Bob Mould in so ziemlich allen Facetten, einzig die Elektronik macht Pause. Das stört aber keinesfalls, denn das Spiel mit den eigenen musikalischen Wurzeln, die über all die Jahrzehnte auf angenehmste Weise kultiviert wurden, gelingt so und so. Letztlich bleiben einfach ’nur‘ elf Songs, die mitten ins Herz treffen, die selbst in finsteren autobiographischen Gefilden die Mördergrube in den Arm nehmen und zugleich direkt ins Ohr gehen. Bob Mould bleibt sich treu und serviert vertraute Kost, auf den Punkt und ohne Verschnitt. Mehr braucht es von der Alternative-Legende auch nicht.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 07.03.2025
Erhältlich über: Granary Music / BMG Rights Management (Universal Music)
Website: bobmould.com
Facebook: www.facebook.com/bobmouldmusic