Sunflower Bean – Mortal Primetime

Beinahe hätte es dieses Album nicht gegeben, denn die drei Musiker*innen hinter Sunflower Bean hatte sich etwas auseinandergelebt. Geographische Veränderungen, zerbrochene Beziehungen, neue Songwriting-Schwerpunkte und Nebenprojekte wirbelten einiges durcheinander. Und doch versuchte man es noch einmal, traf sich – mit bewährtem Team im Hintergrund – in Los Angeles und spürte die Magie schnell wieder. Letztlich entschied man sich, die inzwischen vierte Platte selbst zu produzieren und live im Studio zu tracken. „Mortal Primetime“ fängt das Unmittelbare des Trios ein und erforscht einmal mehr den ureigenen Sound.
Freundschaft, Beharrlichkeit, Rache und Wiedergeburt sind laut Gitarrist und Zweitstimme Nick Kivlen die zentralen Eckpunkte einer Platte, die auch musikalisch einmal mehr sehr viel wagt und noch mehr gewinnt. Das zeigt sich bereits im eröffnenden „Champagne Taste“, das eigentlich recht forsch und kantig losrockt, dabei jedoch jene sympathische Form poppiger Entfremdung in sich trägt, für die Sunflower Bean inzwischen bekannt sind – von Olive Fabers stoischen Drums über Kivelns grantige Gitarre bis hin zum pulsierenden Basslauf und angenehm leichten Gesang von Julia Cumming. Im richtigen Moment findet der Track seine Melodie und geht ebenso ins Ohr wie das kraftvolle und doch hymnische „Nothing Romantic“. Überraschende Classic-Rock-Anleihen und ein Hauch Fleetwood Mac mittendrin verwirren im besten Sinne.
Und doch ist keinesfalls die ganze Platte so gitarrenlastig geworden. Das zeigt unter anderem „There’s A Part I Can’t Get Back“, das auf butterweichen Schwingen unerforschte Welten ansteuert und mit Melodieteppichen ebenso unter die Haut geht wie die verträumte Psychedelia von „Shooting Star“, die sich der Zeitlosigkeit hingibt. Letzteres beherrscht auch „I Knew Love“, bloß mit Folk- und Country-Einschlag versehen. Hingegen pusht das von Kivlen eingesungene „Waiting For The Rain“ wieder die verzerrten Gitarren, die jedoch hinter psychedelischen Auswüchsen verborgen werden, grandioses Solo am Höhepunkt inlusive. Was hingegen „Sunshine“ mit seiner Verzerrung und konstanten Gemächlichkeit anstellt, sollte selbst Shoegaze-Fans zu begeistern wissen.
Diese kleinen Widerhäkchen und großen Gesten ungewöhnlicher Kombinationen zahlen sich für Sunflower Bean ein weiteres Mal aus. Abermals lässt sich das US-Trio in keine Schublade pressen und bringt stattdessen Kontraste auf wundervolle Weise zusammen. Ihre Gitarren würde man eher bei Alternative Rock, Shoegaze und sogar Grunge erwarten, die Melodien bieten hingegen Indie-Magie mit Folk und Dream-Pop sowie Psychedelia im Abgang. Und doch passt all das prima zusammen, begleitet von großartigen Hooks und einem angenehm erdigen, organischen Sound, der von zwei starken Stimmen zusammengehalten wird. „Mortal Primetime“ zeigt Sunflower Bean einmal mehr in bestechender Form, Anlaufschwierigkeiten und grobe Einschnitte hin oder her.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 25.04.2025
Erhältlich über: Lucky Number Music (Rough Trade)
Website: www.sunflowerbeanband.com
Facebook: www.facebook.com/SunflowerBean