MRCY – Volume 2

Die Zusammenkunft von Produzent Barney Lister und Sänger Kojo Degraft-Johnson als MRCY schlug vor ziemlich genau einem Jahr verdient hohe Wellen. Ihr butterweicher, überwiegend analoger RnB- und Soul-Ansatz machte den kurzen, prägnanten Einstand „Volume 1“ zum vollen Erfolg. Darauf soll natürlich aufgebaut werden, wenngleich das britische Duo ein paar Dinge anders machen möchte. Frische Ideen, neue Soundscapes und ein deutlich modernerer Blick auf Liebe, Selbstfindung und das Heilen des Selbst begleiten „Volume 2“ und erweitern den vertrauten Sound auf vielfältige Weise.
Eine dieser magischen, andersartigen Nummern ist „More Than You Are Now“, das im besten Sinne retro und zeitgemäß klingt. Zwischen dem vergleichsweise lebhaften Beat, dem butterweichen Gesang und den verspielten, vorwitzigen Flötentönen liegen anfangs Welten, doch findet sich die sprichwörtliche Mitte und sorgt für ein einfühlsames, energisches Glanzlicht. Ein solches setzt auch „Flicker“, das mit Sprechgesang experimentiert, ein paar Dub-Beats einfließen lässt und sich voll und ganz dem Afrobeat widmet, bevor der zarte, frühlingshafte Refrain geradezu aufflammt – ein aufregender, hypnotisierender Spagat.
Hingegen knüpft das eröffnende Duo wunderbar an den Vorgänger an – erst das kraftvolle, fast forsche „Angels“, das immer mehr an Fahrt gewinnt, dann das gleichermaßen verspielte und smoothe „Wanna Know (Ontario)“, für das Degraft-Johnson bevorzugt höhe Register aufsucht, während Lister wiederholte instrumentale Einschübe zur Verdichtung der Atmosphäre nützt. „Wandering Attention“ setzt auf anmutige, klassische Soul-Klänge, die im Refrain mit cineastischer Arrangierung auftrumpfen und nicht mehr aus dem Ohr gehen. Hingegen greift „Man“, ein Gedankenspiel zu den Möglichkeiten, toxischer Männlichkeit zu begegnen, wieder zu Afrobeat-Klängen und lässt sich treiben.
Das schier unfassbare Level des Einstands erreichen MRCY dieses Mal nicht komplett, doch ist das Jammern auf hohem Niveau. Anstatt sich einfach ’nur‘ zu konsolidieren und konzentriert den Weg fortzusetzen, bemühen Lister und Degraft-Johnson frische Ideen, wagen sich an Afrobeat und fast opulente Instrumentierung, ohne dabei auf das wundervolle, etatmäßige Gefühl zu vergessen. „Volume 2“ braucht vielleicht den einen oder anderen zusätzlichen Durchlauf, um vollends zu zünden, nistet sich letztlich ebenso im Innersten der Seele ein. Das ist Musik fürs Herz, nun auch endlich physisch erhältlich.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 30.05.2025
Erhältlich über: Dead Oceans (Cargo Records)
Website: mrcyband.com
Facebook: www.facebook.com/MRCYBAND