Sophia Kennedy – Squeeze Me

Sophia Kennedy
(c) Rosanna Graf

Klare Kante inmitten klarer Unklarheiten, das war schon immer die Sache der Wahl-Hamburgerin Sophia Kennedy. Die in Baltimore geborene Musikerin bemühte bereits auf ihren ersten beiden Alben einen angenehm andersartigen Pop-Ansatz, begleitet von Themen wie Selbstbestimmung, hinterfragten Machtpositionen und komplexen zwischenmenschlichen Beziehungen. All das und mehr intensiviert sie nun und knüpft daraus ein ganzheitliches Narrativ auf Albumebene. Zudem wagt sich „Squeeze Me“ an so etwas wie Minimalismus und arbeitet die Sollbruchstellen zwischen Musik und Text konsequenter denn je aus.

Die Single „Rodeo“ ist ein wunderbares Beispiel für diese alte, neue Eigentümlichkeit. Die an Austra erinnernden Backings passen ins Bild, ebenso die zurückgenommene und doch eindringliche Melodie, die mit wachsender Begeisterung in die Tasten haut und mehrere Fragen aufwirft. „Imaginary Friend“ geht ebenfalls in eine angenehm eingängige, zwingende Richtung und vergräbt das im rudimentären Chaos der beatesken Entschlackung. Fast beiläufig wird der Rhythmus aus dem Ärmel geschüttelt, klingt fast wie 08/15 und nimmt doch diese kleinen bezaubernden Feinheiten hinzu, gewinnt an Herz und Charakter. Ehe man sich versieht, greift der tanzbare Flow beherzt zu.

So vorwitzig wird es jedoch nur selten, denn stattdessen regiert der abwechslungsreiche Wahnsinn. Der wirft beispielsweise eine kleine, aber feine Piano-Nummer wie „Closing Time“ ab, das hart und herzlich am Boden der Tatsachen ankommt und sich zu berappeln versucht. In „Drive The Lorry“ werden Casio-Vibes bemüht, die jegliche Arrangierungsversuche auf ein Minimum herunterbrechen, karibisch angehauchte Stimmung andeuten und doch ins Ohr gehen – wie auch das Bassgewitter von „Hot Match“, dessen Bedrohungslage aus dem Rahmen fällt. Und doch verfehlen die scharfen, unwirschen Töne ihr Ziel nicht.

Das gilt im Übrigen auch für den Rest dieser herrlich und herzlich bizarren Platte, die man sicher einige Male öfter hören muss als ihre Vorgänger. „Squeeze Me“ mag die Reduktion und zelebriert eigene sowie gesellschaftliche Limitierungen als ausuferndes Stilmittel. Sophia Kennedy stellt ihren Pop-Entwurf dennoch auf ein felsenfestes Fundament, so unorthodox das Ergebnis auch klingt. Die eingängigen Momente überragen und brechen aus der Ungewöhnlichkeit aus, während permanentes Hinterfragen mit experimenteller Strukturenverweigerung bestens harmoniert. Der Art-Ansatz mutet frisch, unbeqeuem und doch so wichtig an – ein spannendes drittes Album, noch schwieriger und faszinierender denn je.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 23.05.2025
Erhältlich über: City Slang (Rough Trade)

Website: www.sophiakennedy.com
Facebook: www.facebook.com/sophiakennedyofficial