Chantal Acda – The Whale

Chantal Acda
(c) Jurgen Augusteyns

Seit Jahren eilt Chantal Acda von einem Highlight zum nächsten. Sie spielte in diversen Bands, begann ihre Solokarriere 2006 als Sleepingdog, bevor sie sieben Jahre später anfing, unter ihrem eigenen Namen zu veröffentlichen. Und das sehr erfolgreich, denn die in den Niederlanden geborene Belgierin arbeitete mit so illustren Künstlern wie Nils Frahm, Ólafur Arnalds, Mimi und Alan Sparhawk, Colin Stetson und Bill Frisell. Zudem vewwandelte sie sich musikalisch immer wieder, schrieb fürs Theater und widmete sich Chamber-Pop-Herausforderungen. Auf „The Whale“ lässt sie sich ausschließlich von ihrer Live-Band begleiten, mit der sie seit über einem Jahrzehnt zusammenspielt, und gibt sich insgesamt etwas rockiger.

Davon merkt man im wunderschönen, eröffnenden Titelsong aber noch wenig. Die betont legere Präsentation mit Folk- und Americana-Anleihen fließt butterweich aus den Boxen und lebt vor allem von der grandiosen Stimme Acdas, deren Präsenz und Verletzlichkeit im endlosen Fluss kathartischer Reinigung durchschimmert. Hingegen gibt sich „Togetherness“ beschwingt, fast tanzbar, wandelt durch beherzte Rock-Welten mit erstaunlichem Selbstbewusstein und bringt zugleich jenen Jazz ein, der die Mittvierzigerin seit geraumer Zeit begleitet. Die Band spielt sich nach und nach in eine Art Rauschzustand, der Gesang mutiert mehr und mehr zu einem weiteren Instrument.

Große Magie versprüht „Heads“, das knapp siebenminütige Herzstück, eine wahre Tour de Force. Hier legen Acda und Band hinsichtlich Dramaturgie einiges drauf und bringen sämtliche Fäden zusammen. Der Song wächst weiter und weiter, verliert sich in geradezu progressiven Schleifen und versandet komplett – nach der nachdenklichen und intensiven ersten Hälfte mit Post-Rock-Ansätzen spannend. Die schroffen Gitarren von „Make It Work“ leisten tatsächlich ganze Arbeit und legen das Fundament für einen Track, der gewisse Low-Qualitäten in sich trägt – fast Slowcore, aber auch folkig und leicht, jazzig und nahezu heavy.

„The Whale“ lebt von seinem konstanten musikalischen Spagat, platziert sich selbstbewusst zwischen den Stühlen und zwischen den Welten, klingt ohne Frage haargenau nach Chantal Acda und bewegt sich doch immer wieder von den Erwartungen weg. Sofern es solche überhaupt gibt, denn diese Wandlungsfähigkeit zeichnet letztlich das Œuvre dieser grandiosen Singer/Songwriterin aus. Ja, es geht deutlich rockiger und gitarrenlastiger zu. Ja, die bestens bekannte Intimität wird weiterhin in den Vordergrund gerückt. Ja, die jazzigen und folkigen Elemente vergangener Releases bleiben erhalten. Irgendwo zwischen all den Stühlen entsteht einmal mehr pure Magie.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 19.09.2025
Erhältlich über: Starman Records (AL!VE)

Website: www.chantalacda.com
Facebook: www.facebook.com/chantalacdamusic