Timelost – Don’t Remember Me For This

Timelost
(c) Matt Valler

Eigentlich widmen sich Shane Handal (Set & Setting) und Grzesiek Czapla (Woe) mit ihren Hauptbands überaus ruppigen, brachialen Klängen. Timelost begann als Filesharing-Experiment zwischen den beiden Schwermetallern und entwickelte sich schließlich zum emotionalen Schauplatz für Komplexes zwischen Post Punk, Noise und Shoegaze. Das erste Album „Don’t Remember Me For This“ liefert nun elf Anti-Hymnen der herrlich verwaschenen, verschrobenen Art.

Was sich komplett irre liest, wirft tatsächlich musikalische Perlen am laufenden Band ab. Das Duo nennt den Opener „Timelost“ und fasst den Sound des Projekts in drei manischen Minuten zusammen – kratzbürstiger Plüsch, unwahrscheinlich getrieben und doch auf gewisse Weise eingängig. Im überdimensionalen „I Know Cemeteries“ bringen die Herren aus Philadelphia diesen Wahnsinn ein weiteres Mal auf den Punkt und nehmen sich zwischendurch Zeit für weitläufige, durchaus epische Klangflächen. Falls das zu nett sein soll, rüttelt „Heart Garbage“ in unter zwei Minuten mit schroffen Breitseiten und punkiger Attitüde wach.

Wer will schon Luft holen, wenn er puren Wahnsinn inhalieren kann? Der Titelsong „Don’t Remember Me For This“ krallt sich eine Gitarrenmelodie von Glasvegas, drängt in Alternative- und Indie-Gefilde, nimmt sogar einen Hauch von Pop mit – Hit. „Lysergic Days“ wählt hingegen den etwas sperrigeren Ansatz und betont den Post-Punk-Aspekt, überaus fies dargeboten, sägend und von purer Leidenschaft umgarnt. Zum Abschluss servieren Timelost noch eine Cover-Version: „Cryptorchid“ von Marilyn Manson operiert fast konstant am Anschlag und packt schließlich die wohl poppigste Hook dieses Album aus. Der nächste Überflieger ist fertig.

So ganz weiß man noch nicht, was hier eigentlich passiert ist, doch gerade das macht den Reiz von „Don’t Remember Me For This“ aus. Wie Timelost unwahrscheinlich packende Hooks aus dem größten Riff- und Noise-Dickicht schälen, weiß zu unterhalten. Noise und Shoegaze sind omnipräsent, übermannen beinahe, und doch brechen am richtigen Moment unwahrscheinliche Harmonien aus so ziemlich jedem Track und erschaffen großartige Momente. Zwischen gefütterter Gefühlsechtheit und rasiermesserscharfem Wahnsinn platzieren Czapla und Handal eine Platte zum Gernehören, die herrlich an die Substanz geht.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 25.10.2019
Erhältlich über: Golden Antenna Records (Broken Silence)

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