Itchy – Ja als ob

Itchy
(c) Carolin Unrath

Stillstand? Im Hause Itchy gibt es das nicht. Strich man für die letzte Platte bereits das Poopzkid aus dem Namen, singt man nun auf Deutsch und bringt auch gleich eine eigene Plattenfirma mit. Der Sprachenwechsel ist gewiss kein neues Phänomen, erst vor einem Monat von Smile And Burn stark vorgemacht. „Ja als ob“ lässt sich nicht lumpen und lockt die Band aus ihrer Komfortzone – mehr als Punk, humorvolle und zugleich kritische Texte, dazu Haltung und Attitüde satt.

Itchy auf Deutsch, das klingt zunächst… anders. Ohne sprachliches Netz, geschweige denn doppelten Boden, hört man genauer hin. Peinlichkeiten gibt es allerdings nicht, stattdessen das pumpende „Faust“ zu Beginn. In knapp drei Minuten versprüht das Trio Aufbruchstimmung und packt zudem einen eingängigen Refrain aus, der ebenfalls eine Spur anders, weitläufer klingt. Der Titelsong „Ja als ob“ gibt sich kauzig und doch tanzbar, spielt mit 80s-Sounds und schroffem Rock. Danach bemüht sich „Godzilla“ um Wortspiele und Nachdenklichkeit, zumindest bis die erste dicke Gitarrenwand das Arrangement durcheinanderwirbelt.

Die Komfortzone wäre also verlassen. „Gegen den Wind“, lyrisch ein wenig an einen gewissen, zensierten Badly Drawn Boy-Track angelehnt, spielt mit absoluter Reduktion und scharfkantiger Rührseligkeit – klingt komisch, klappt aber mindestens so gut wie „Wo seid ihr denn alle“. Der vorwitzige Abgesang auf die Rockhelden der Vergangenheit macht Laune und führt zurück in vertraute Gefilde. „Beyoncé & Jay-Z“ sorgt für Sicherheit zwischen Horrorschlagzeilen, welche von „Nicht weg“ schließlich pointiert thematisiert werden. Die schneidende Breitseite gegen den längst eingetroffenen Rechtsruck macht mächtig (Gegen-)Wind. Und zum Drüberstreuen gibt sich Sebastian Madsen von, nun ja, Madsen im kurzweiligen „Ich wollte noch“ ein schmissiges Stelldichein.

Experiment geglückt, Patient quicklebendig: Itchy spielen sich ein weiteres Mal frei – musikalisch, textlich, sprachlich. Ihr „Ja als ob“ legt mit unterhaltsamer Scheißegal-Attitüde los, bevor der volle Elan des Trios zur Geltung kommt. Man zeigt Haltung, lässt musikalisch unheimlich viel zu und scheut sich auch nicht, mal auf den Tisch zu hauen. Zum 20. Geburtstag beschenken sich Itchy mit einer von vorne bis hinten starken Platte, deren Sprachwechsel schlussendlich das geringste Spektakel ausmacht.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 07.02.2020
Erhältlich über: Findaway Records (Soulfood Music)

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