LÜT – Pandion

LÜT
(c) Hans Marius Mikkelsen & Ørjan Nyborg Myrland

Nach dem Album ist das Album vor dem Album – nein, das ist nicht etwa das Tic Tac Toe-Follow-up zu „Morgen ist heute schon gestern“, sondern die Release-Politik von LÜT. Erst im Februar veröffentlichten die Norweger ihren bärenstarken Zweitling „Mersmak“, schon jetzt eine der besten Platten des Jahres. Im Zuge dessen werfen sie nun einen Blick zurück auf den Einstand, der nie offiziell außerhalb der Heimat erschien. Mit „Pandion“ ging es 2017 los, Nominierung für den norwegischen Grammy und manch ein Festival-Auftritt inklusive. Diesen Auftakt gibt es nun überall inklusive Bonus-Track.

Besagte Zugabe, „Slepp Mæ Inn“, setzt gewiss keine frischen Duftmarken, das stört aber kaum. In 162 räudigen Sekunden bemühen sich LÜT um die schroffe Seite ihres Sounds, der Punk mit Post-Hardcore kombiniert, beißende Riffs und Mini-Soli mit überwiegend hohem Tempo und Biss mischt. Apropos schroff: „BoyToy“ ist eigentlich eine halbwegs gemütliche Anti-Hymne zwischen Markus Danjords mittlerweiler vertrauter Fistelstimme und kurzweiligen Gang-Vocals im Refrain. Mittendrin ertönt kurz ein Drucklufthorn, der Track schlägt für wenige Sekunden auf Double-Bass-Urgewalt mit Grind-Unterton um, und kehrt wieder zum Ursprung zurück, als wäre nichts passiert. Was ein Mindfuck.

Ganz so durchgeknallt ist der Rest der Platte nicht, kommt aber dennoch gut. „FetteLÜT“ geht mit ausgesuchter Bosheit nach vorne, pinkelt auf Turbonegro-Gitarren und holt den Sleaze in die Garage. Der ursprüngliche Rausschmeißer „Trash Gjennom“ tanzt mit seinen Power-Balladen-Elementen hingegen etwas aus der Reihe und verlangt Sitzfleisch. Wie gut, dass die unnachgiebige, bratende Hymne „Du Vet Ingenting“ alleine schon das Album zum Leckerbissen macht. Davor lauert das gefährliche „Prisen“, das so ziemlich alles in einen Topf wirft, unter den Nägeln brennt und sich im Ohr festbeißt.

Das Überraschungsmoment ist stets auf LÜT’scher Seite. Zwar kommt „Pandion“ nicht so ganz an das überlebensgroße „Mersmak“ heran, macht dennoch ordentlich Laune. Auf ihrem Debütalbum probieren die Norweger noch etwas mehr aus, suchen nach dem roten Faden im oberflächlichen Chaos und finden unterhaltsamen Wahnsinn mit eingängiger, in den richtigen Momenten hymnischer Kante. LÜT überzeugen auch mit diesem Blick zurück auf ganzer Linie und lassen zugleich die tatsächliche Zukunft der Band mit großer Spannung erwarten.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 24.09.2021
Erhältlich über: Crestwood Records / Loud Media (Warner Distribution)

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