Lisa Wanloo – Shadows

Lisa Wanloo
(c) Kristian Sahlberg

Drei Songs vor drei Jahren, so machte Lisa Wanloo 2018 erstmals auf sich aufmerksam. Die junge schwedische Singer/Songwriterin aus Hönö in den Göteborger Schären führt eine lebenslange Liebesbeziehung zu Grunge und kultiviert diese mit reduziert instrumentierten Methoden. Zuletzt ging Wanloo durch eine Zeit der Einkehr und der Klarheit, die sich nun, so lässt man verlautbaren, in einer Art sinnlicher Dunkelheit äußert, angelehnt an die etwas düstere Singer/Songwriter- und Americana-Kunst von Sharon Van Etten oder Angel Olsen. „Shadows“ wagt sich erstmals an die Albumlänge.

Ein Track wie „Something Else“ bringt all diese Vorlieben und Vibes auf spektakuläre Weise zusammen. Wanloo verfügt über eine grandiose Präsenz, ihre Stimme verlangt nach Respekt, steht mit beiden Beinen fest im Raum, während sich die Gitarre herantastet. Als man bereits an eine reine Singer/Songwriter-Nummer glaubt, kommt für wenige Sekunden Distortion hinzu, es wird laut und scharfkantig, aber immer noch sanftmütig. Konstant arbeitet Wanloo auf die grungige Explosion hin, ein Ausbruch aus Americana-Mustern mit einer heulenden, komplett entstellten 90s-Gitarre. Selbst die Protagonistin wird nun etwas lauter, die Überspitzung bis ins noisige Chaos gelingt. Und dann: der Zusammenbruch, so plötzlich wie pointiert.

Was ihr Debütalbum so schön macht, ist die musikalische Vielfalt. Es muss nämlich nicht zwingend laut und schroff werden, wie das wunderschöne „My Love“ beweist. Für dieses folkige Duett mit einer nicht näher benannten männlichen Stimme setzt es Reduktion und Leisetreterei, dazu ganz viel Harmonie. Im titelgebenden „Shadows“ sieht es hingegen wieder ganz anders aus, denn hier lebt Wanloo ihr Faible für Grunge-Düsternis aus. Von der ersten Sekunde an wirkt der Song finster und bedrohlich, doch ziehen die Wolken erst spät zu, entleeren sich in kaskadenartiger Flut. „Burn Out“ trägt ein wenig davon weiter, ist aber gleichzeitig fast schon beschwingt. Das Arrangement wird schemenhaft dargeboten, die Skizzierung eines Songs kommt gut.

Diese sehr ungewöhnliche Präsentation, vorbei an gängigen und etablierten Erwartungen, klappt letztlich prima. Lisa Wanloo wirkt wie die typische Singer/Songwriterin, die mit Stimmfarbe und Auftreten Mainstream-Potenzial ausstrahlt. Stattdessen zieht sie ihr eigenes Ding durch, und das kann schon mal düster und bedrückend ausfallen, dann aufbrausend und bedrohlich, schließlich fragil und ominös, dabei stets eingängig bis eindringlich. „Shadows“ wirft einen gewaltigen Schatten voraus und löst die Vorschusslorbeeren aus der Heimat mehr als eindrucksvoll ein.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 03.12.2021
Erhältlich über: Startracks

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