M83 – Fantasy

M83
(c) Ella Herme

Der überaus umtriebige Anthony Gonzalez wendet sich wieder dem verträumten Sound von M83 zu. Dieses Mal wollte er jedoch ein paar Dinge anders machen. Anstatt sämtliche Songs zu schreiben, lud er sich seinen langjährigen Kollegen Justin Meldal-Johnsen sowie seinen Tour-Keyboarder und -Saxofonisten Joe Berry ins Studio ein, um ein paar Jam-Sessions zu spielen. Gemeinsam mit den Texten von Bruder Yann Gonzalez entstand nach und nach das Rückgrat von „Fantasy“, das schon mal eine Spur lebhafter und spontaner als die Vorgänger klingt, und doch M83 in Reinkultur bietet.

„Oceans Niagra“ bringt diesen generalüberholten Aufnahmeprozess prima auf den Punkt. Nach und nach schält sich der Song aus dem Dickicht, zu Beginn fast schon krautig und doch so vertraut. Wenn sich schließlich die mächtige Melodie aus der Schleife erhebt, ist alles eitel, zudem brennen sich die wunderbar entfremdeten Vocals ähnlich schnell ein. Auch „Kool Nuit“ mit Kaela braucht eine ganze Weile, um aus dem Quark zu kommen. Hier haben M83 acht Minuten Zeit für einen vogelwilden, in der zweiten Hälfte nahezu technoiden Husarenritt, der eine imaginäre Schlinge immer enger zieht, bis es schließlich kein Entkommen gibt.

Das Spiel mit Stimmungen und Erwartungen gelingt gewohnt prima. Der Titelsong „Fantasy“ blubbert verträumt vor sich hin und führt damit auf die falsche Fährte. Urplötzlich erhebt sich ein Dance-Pop-Leckerbissen mit Disco-Schlagseite, etwas an Empire Of The Sun und sogar frühe MGMT erinnernd, pumpend und leidenschaftlich, zudem unverschämt eingängig. Auch „Earth To Sea“ kennt derlei melodische Konstrukte, erhebt die Herzen nach und nach und intensiviert die anfangs verträumten Ideen Schritt für Schritt. Ein gewaltiges Crescendo entpuppt sich als eines von vielen Highlights dieser feinen Platte.

66 Minuten ohne wirklichen Durchhänger, das muss man erst einmal schaffen. Für M83 ist das scheinbar kein Problem, zumal sich Anthony Gonzalez bestens aufgelegt zeigt und diesen frischen Songwriting-Ansatz als wertvollen kreativen Impuls mitnimmt. Vieles auf „Fantasy“ wirkt spontan und ausgeklügelt zugleich, das Ergebnis präziser Arbeit mit ganz viel Bauchgefühl. Es bleibt verträumt und poppig, butterweich und energiegeladen zugleich – der Soundtrack für Entschleunigung und zarte Frühlingsgefühle, so universell wie magisch. Gonzalez bleibt eine Bank und führt M83 abermals in höchste Höhen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 17.03.2023
Erhältlich über: Other Suns / Virgin Music (Universal Music)

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