Entropy – Dharmakāya
Rock mit 90s-Schlagseite ist seit einigen Jahren wieder schwer angesagt. Auf diese Weise genießen nicht nur alte Bekannte ein verdientes Comeback, auch neue Helden können sich behaupten. Zu letzterer Kategorie zählen ohne Frage Entropy, die bislang ein unterhaltsames Album und eine ähnlich starke EP veröffentlichten. Die Mischung aus Alternative und Shoegaze, Indie, Noise und sogar ein wenig Post-Hardcore hallt immer noch nach und wirft schon wieder neues Material ab. „Dharmakāya“ ist ein buddhistischer Begriff, der die Leerheit des Geistes beschreibt, um sich dem Licht und der Erleuchtung zu öffnen.
Wie „Americans Will Save You (In The End)“ – ganz dem Titel entsprechend – sogleich mit der Tür ins Haus fällt und dabei doch vorsichtig, harmonisch wirkt, bietet großen Unterhaltungswert. Eine recht eigenwillige Süße liegt über dem Arrangement, dessen Harmoniebedürfnis mit feinen Widerhäkchen in der Arrangierung kollidiert. Tracks wie „Pyrotheology“ hängen sich im Riffing eher bei den Ikonen der 90s-Heavyness an, wenngleich feinsinnige Melodien eher eine Art Crossover bemühen, als träfen Helmet auf Dinosaur Jr. – klingt komisch, macht aber richtig viel Laune und bringt den nächsten großen Refrain hervor.
Große Momente im Kleinen, das ist quasi das Markenzeichen dieser Platte. Auch „Papered Over Some“ schwingt sich erst einmal behäbig und doch intensiv zugleich auf, lebt den Widerspruch vor und baut zunehmend Dissonanzen in die Gitarrenschicht ein. Das locker-flockige, fast schon punkige „Pleroma“ geht hingegen erst einmal angenehm nach vorne, gibt sich hektisch und nervös, aber auch heimelig und versöhnlich. Im Titelsong „Dharmakāya“ kommt dieser Spagat auch vor, wenngleich die ruppige Präsentation insgesamt dominiert. Es ist dies einer der lautesten Entropy-Songs bislang, wohl aber auch gerade deswegen so kurzweilig.
Knapp 43 Minuten später ist diese Sammlung letztlich nur vermeintlicher Widersprüche komplett und erfolgreich aufgelöst. Die schräge, gerne mal unwirkliche Gemütlichkeit von Entropy fasziniert. Stete Spannung, große Ohrwurm-Melodien und ruppige Riff-Einschübe duellieren sich, halten vom Kampf aber letztlich doch herzlich wenig. „Dharmakāya“ fällt unorthodox und harmoniebedürftig aus, geht sofort ins Ohr und wehrt sich doch, wenngleich eher alibihaft. Stürmen, Drängen und Schwelgen, das ist das Kunststück eines charmanten zweiten Albums, mit dem Entropy ihre Qualitäten einmal mehr unterstreichen.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 30.08.2024
Erhältlich über: Crazysane Records (Broken Silence)
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