Odd Couple – Rush-Hour des Lebens

Von den Köpfen und den Festplatten über den Datenstrom bis zur finalen Platte, so gestalteten sich die letzten vier Jahren bei Odd Couple, die nach einer Möglichkeit suchten, ihren weiterhin angenehm schrägen Sound zu konkretisieren. Berlin trifft Dada, Garage Rock trifft Kraut, verträumter Fuzz-Pop kollidiert mit Psychedelia, Sein ringt mit Schein – für Jascha Kreft und Tammo Dehn ein Versuch, den Flickenteppich nach der erzwungenen Ausbremsung zusammenzustückeln. „Rush-Hour des Lebens“ ließ sich erzwungenermaßen viel Zeit und schafft es trotzdem, bei aller Vielschichtigkeit stets fest im Hier und Jetzt verankert zu bleiben.
Letztlich geht es um „2 Leute“, wie der Opener eindrucksvoll zeigt. Odd Couple werfen den krautig angehauchten Motor an, servieren butterweichen Gesang und verbinden Wucht in der Produktion mit angedeuteter feiner Klinge. Und doch ist es der Drive, der fest zupackt, ebenso im folgenden „Allein in Berlin“. Eine Gitarre entspringt der Beateske, versucht nach vorne zu drängen und ringt mit striktem Minimalismus, dessen andere Spuren ebenfalls die Gemächlichkeit lieben, ohne jedoch auch nur im Ansatz zu entschlacken. „Healing Process“ bemüht die heilende Flucht nach vorne, wirft massig Garage- und Fuzz-Gitarren in den Ring, fast angepunkt und bizarr zu gleichen Teilen.
Von „Monotonie“ kann auf diesem Album nun wirklich keine Rede sein, auch nicht in dieser schrägen, sympathischen Meditation über synthetischen Leitmotiven. Mehrere aufbrausende Versuche kompletter Entfremdung ebben ab, scharfkantige Melodien mischen freudig mit. Im „Sehnsucht Jeep“ wird es erst einmal laut und drückend. Das Jack White-Momentum wird von den entspannten Vocals und der ND-nee-Zäsur ad absurdum geführt, was ins Bild passt. Ob man „Inhalte überwinden“ kann, bleibt offen, doch kann die synthetisch befeuerte Collage mindestens so sehr begeistern wie das erst verträumte, dann schroffe „Die Sache“.
Einmal mehr geben Odd Couple einen feuchten Kehricht auf Kategorisierungen, vielleicht sogar noch mehr als zuletzt, einmal mehr geht das richtig gut. Getriebene Reduktion begleitet die „Rush-Hour des Lebens“, die selbst inmitten obligatorischer Hektik konzentriert und fokussiert bleibt, den Blick stets auf das Wesentliche lenkt und sich vergnügt durch zig Genres tankt. Die Kraut-Anteile bleiben spannend, ebenso die verstärkte, psychedelisch angehauchte Elektronik, nur um von kräftigen Gitarren zerlegt und frisch zusammengesetzt zu werden. Odd Couple lassen einmal mehr die herrlich hypnotisierende Wirkung ihrer Texte und sorgsam arrangierten Textbausteine für sich sprechen – motorisierend, entschleunigend und nie überhastet; eine sehr, sehr schöne Sache.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 04.04.2025
Erhältlich über: Clouds Hill (Warner Music)
Facebook: www.facebook.com/oddcoupleberlin