Architects – The Here And Now

Architects

Hier ist die große Herausforderung: Nach drei brutalen und faszinierenden Album zwischen Mathcore, Metalcore und Punk-Esprit wollen sich Architects aus Großbritannien verändern. „The Here And Now“ ist ihre „erste positive Scheibe“ und wagt eine dezente Neuausrichtung. Mehr Melodie, mehr Rock und damit auch, man muss das böse Wort in den Mund nehmen, und mehr Mainstream hinterlassen einen zwiespältigen Eindruck.

„The Here And Now“ beginnt und endet mit Perfektion. Die erste Single „Day In Day Out“ ist ein wütender Wellenbrecher mit stakkatoartigen Riffs, fiesen Shouts und einem hochgradig eingängigen, klar gesungenen Refrain – räudiger Metalcore mit komplexem Aufbau. „Year In Year Out / Up And Away“ als siebeneinhalbminütiger Abgang ist ebenso wenig zu verachten. Die Mischung aus Brachialgewalt und Melodiegefühl geht voll auf, mündet unter anderem in einem klaustrophobischen Zao-Mittelteil und tödlichen Shouts von Gastvokalist Greg Puciato (The Dillinger Escape Plan), bevor die Briten mit fliegenden Fahnen im hymnischen Abendrot verschwinden.

Dazwischen: Hit & Miss. Die aktuelle Auskopplung „Learn To Live“ hat ordentlich Ecken und Kanten, schwächelt ein wenig in der Bridge und packt einen Stadion-Rock-Refrain erster Güteklasse aus. „Stay Young Forever“ mit Andrew Neufeld von Comeback Kid hingegen bietet über weite Strecken Hardcore Punk in Reinkultur – eine echte Wutprobe, eine Blendgranate mit Punktlandung. Neben einigen Standards dürfte aber vor allem „An Open Letter To Myself“ ein rotes Tuch sein. Warum man eine farblose Emo-Ballade mit Pennäler-Text gebraucht hat, bleibt offen. „Heartburn“, der zweite ruhige Moment, ist allerdings nur unwesentlich besser, wird aber vom rasanten „The Blues“ zumindest teilweise aufgewogen.

Einfach haben es sich Architects noch nie gemacht, doch bei „The Here And Now“ könnten sie sich zu viel Last auf ihre schmalen Schultern geladen haben. Gerade der gesteigerte Anteil an Klargesang mit beinahe hoffnungsvollen Texten will nicht so ganz neben brachiale Gewaltausbrüche und progressiv angehauchte Math-Ausflüge passen. Gemischte Gefühle also, wobei das Positive deutlich überwiegt mit einigen gewohnt arschtretenden Hymnen. In der Breite sind Architects immer noch stark aufgestellt. Hoffentlich bleibt das so.

VÖ: 21.01.2011
Century Media (EMI Music)

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