Kraftklub – Mit K

Kraftklub

29. September 2011: Aus dem Nichts tauchen Kraftklub beim Bundesvision Song Contest auf, holen Platz 5 für Sachsen, steigen in die Top 50 der Single-Charts ein und verschwinden vorläufig wieder. So plötzlich dieser kometenhafte Einschlag auch wirkt, hinter dem Erfolg – mittlerweile muss man beinahe von einem kleinen Hype sprechen – steckt harte Arbeit, den sich der Fünfer aus Chemnitz (die Band nennt ihre Heimat immer noch Karl-Marx-Stadt) durch unnachgiebiges Touren mit Casper, Fettes Brot und den Beatsteaks erkämpft hat. Ihr Debütalbum „Mit K“ soll nun im Vorbeigehen das Blut der Indie-Generation in Wallung versetzen. Musikalisch wie inhaltlich sollte das problemlos gelingen.

Wenn der Spiegel in seiner etwas unorthodox wirkenden ‚Pop-Prognose 2012‘ – das deutsche Pendant zum ‚BBC Sound of 2012‘ – Kraftklub auf Platz 3 der Hopefuls 2012 reiht, hat das nicht nur Hand und Fuß, sondern wird auch durch das Album gerechtfertigt. Von Trends und generischem Indie-Wahnsinn wollen die Chemnitzer hingegen nichts wissen; der Song „Scheissindiedisko“ wird zu ihrem Credo, Seitenhiebe auf andere Künstler (unter anderem Green Day, The Hives, The Killers, Arctic Monkeys) werden geradezu religiös zelebriert. Ebenso ungewöhnlich: Felix Brummers Raps nehmen eine überaus prominente Rolle ein, während die Mucke irgendwo zwischen Post Punk, Garage Rock und Indielectro (da ist es wieder, das böse Wort) anzusiedeln ist. Gerade in besagtem Disko-Todestrack trifft man auf K.I.Z.-tauglichen Wortwitz in Reinkultur.

Die Alarmglocken der Szenepolizei schrillen bereits, während Kraftklub gekonnt Hit an Hit reihen. „Eure Mädchen“, die aktuelle Single, setzt sich selbstironisch mit den offensichtlichen Hives-Gitarren auseinander. Auch der BVSC-Track „Ich will nicht nach Berlin“ taucht relativ weit vorne auf, lässt mit dem krassen Übergang vom Intro zum Refrain Vergleiche zu gewissen Arctic Monkeys-Tracks zu. Während man noch überlegt, ob das Absicht war, singen Kraftklub der „Karl-Marx-Stadt“ eine Anti-Hymne, in der sie „Loser“ von Beck zitieren. Textlich à la bonne heure: „Songs für Liam“, das einen fehlenden Kuss mit grausamen Platten und dem Oasis-Split in Verbindung bringt. „Zu jung to rock’n’roll“ ist das Quintett allemal, MTV ist längst keine Religion mehr.

‚Aus Alt macht Neu‘ – Julia Kristeva würde im Rahmen ihres Intertextualität-Konzepts von einem „Mosaik von Zitaten“ sprechen – ist so etwas wie die nicht ganz ernst gemeine Überschrift, die man für „Mit K“ wählen kann. Kraftklub leben von Selbstironie und teilen gerne aus, arrangieren vertraute Riffs und Zeilen komplett um, indem sie diese aus ihrer ‚Comfort Zone‘ reißen, gelegentlich sogar regelrecht konterkarieren. Sieht man mal vom etwas zu gewollten „Kein Liebeslied“ ab, entpuppt sich das Debüt als Hitalbum par excellance, als tanzbare Garagenplatte für verschmitzte Rapper, als Wind der Veränderung mit altbewährten Melodien. An dieser Platte muss sich die deutschsprachige Konkurrenz 2012 messen lassen.

VÖ: 20.01.2012
Vertigo Berlin (Universal Music)

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