Max Herre – MTV Unplugged / KAHEDI Radio Show

Max Herre

Seit knapp 25 Jahren macht Max Herre Musik, betourte mit Freundeskreis die Welt, heiratete seine ehemalige Mitstreiterin Joy Denalane und feierte schließlich Erfolge als Solokünstler. Einen ungeahnten Popularitätsschub erfuhr Herre in diesem Jahr durch seine Jurortätigkeit bei „The Voice of Germany“. Als Haushaltsname durfte er nun ein „MTV Unplugged“-Album aufnehmen, das er, angelehnt an sein aktuelles Album „Hallo Welt!“, mit dem Untertitel „KAHEDI Radio Show“ versehen hat. Das wie eine gigantische Radioshow aufgebaute Konzert erscheint in verschiedenen Editionen, vorzuziehen ist auf Audio-Ebene jedoch auf jeden Fall die vollständige 2CD-Version.

Herre spannt den Bogen von den ersten Freundeskreis-Singles 1996 bis hin zu seinem aktuellen Soloalben – eine faszinierende Zeitreise, durch die Fab 5 Freddy, erster Moderator von „Yo! MTV Raps“, führt. Als erster Gast tritt Patrice in gleich zwei Songs auf, bevor er sein Mikro an Joy Denalane weiterreicht. Gemeinsam stimmen sie unter anderem „Esperanto“, eine der bekanntesten Freundeskreis-Singles, an. Der beseelt-jazzige Track wird vom KAHEDI Radio Orchestra in beängstigender Perfektion umgesetzt, wobei gerade der kleine Afrobeat-Part Laune macht. Ebenfalls relativ früh rausgehauen: der erste große Freundeskreis-Hit „A-N-N-A (Immer wenn es regnet)“, Flügelhornsolo inklusive.

Samy Deluxe betritt für einen kleinen Freestyle und zwei gemeinsame Songs die Bühne – „Eimsbush bis 0711“ als Zeitreise, „Einstürzen Neubauen“ als kontemporäres Kunstwerk des Sich-ins-Wort-fallens. Abgeschlossen wird die erste CD durch „Wolke 7“, Max Herres bislang größten Solohit, dessen Refrain, wie im Original, von Philipp Poisel gesungen wird – einer der intimsten Momente dieser Show. Wie krass die musikalischen Gegensätze des Unplugged-Konzertes sind, zeigt wenige Momente später der nächste Freundeskreis-Abschnitt mit einer Mini-Reunion der FK Allstars sowie beiden Teilen von „Tabula Rasa“. Neben Joy Denalane holt sich Herre dafür Gentleman, Sékou und Afrob auf die Bühne – eine pumpende Reunion, die im bislang letzen FK-Lebenszeichen „FK10“ gipfelt.

Danach geht es hin und her durch die verschiedenen Epochen in Herres musikalischem Leben. Nach einer kurzen Singer/Songwriter-Phase stimmt er „Fühlt sich wie fliegen an“ (ohne Cro und Clueso) an, lässt Jazz-Ausnahmekünstler Gregory Porter die Parts von Aloe Blacc in „Vida“ und „So wundervoll“ einsingen, packt die Rap-Version von Joy Denalanes „Niemand (was wir nicht tun)“ aus. Teil des finalen Drittels: „Mit dir“, „Leg dein Ohr auf die Schiene der Geschichte“ und ein rauschendes Cover von „Halt dich an deiner Liebe fest“, ausnahmsweise nahe am Original von Ton Steine Scherben angelegt mit minimalen Dub-Anteilen. Nach fast zweieinhalb Stunden fällt er dann tatsächlich, der zuvor betextete Vorhang.

Nun ist er vorbei, dieser zeitlose Auftritt, den man bereits nach dem Verhallen der letzten Note, nach dem Fadeout der Abmoderation bedenkenlos als modernen Klassiker, als die Geschichte überdauerndes musikalisches Dokument bezeichnen darf. Unplugged-Alben sind eine gefährliche Sache, funktionieren, wenn man den damit verbundenen Hype ignoriert, nur selten. Im Fall von Max Herres „MTV Unplugged / KAHEDI Radio Show“ stimmt jedoch jede Note. Vom ersten bis zum letzten Takt fügen sich knapp zwei Dekaden Musik nahtlos zu einem großen Ganzen zusammen, geht das intelligente Radioshow-Konzept mit namhaften Gästen und großen Songs in erschreckender Perfektion auf. Es waren vier andere Stuttgarter, die mit ihrer Unplugged-Platte einen ähnlich revolutionären Effekt perfektionistischer Natur erzielen konnten – ein Niveau, auf dem sich ein Max Herre in der Form seines Lebens knapp zweieinhalb Stunden lang nach allen Regeln der Kunst austobt. Wenn man dieses Jahr ein Album unter dem Weihnachtsbaum haben muss, man hat es hiermit gefunden.

Max Herre - MTV Unplugged / KAHEDI Radio Show

MTV Unplugged / KAHEDI Radio Show
VÖ: 13.12.2013
Nesola (Universal Music)

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