Sløtface – Sorry For The Late Reply
„Try Not To Freak Out“ hieß es im Herbst 2017 aus Norwegen. Mit ihrem Debütalbum wirbelten Sløtface ordentlich Staub auf. Die Mischung aus Rock und Punk mit greifbarer Pop-Sensibilität ging durch die Decke, von packenden Hooks und angenehm kompromisslosem Auftreten begleitet. Nur wenige Monate nach dem Release tauschten die Skandinavier ihren Schlagzeuger aus und spielten sich quer durch Europa. Der Nachfolger „Sorry For The Late Reply“ soll nun minimalistischer, mutiger und roher ausfallen, wenn man den Aussagen der Band Glauben schenken darf. Spoiler: Ja, darf man.
Tatsächlich hat dieser Zweitling mehr von allem zu bieten. Da wäre beispielsweise das entfernt an die Blood Red Shoes erinnernde „Static“. Über durchaus tanzbare Strophen hangeln sich Sløtface in einen lauten, im besten Sinne umwerfenden Refrain. Wüstes Stampfen, schrille Garage-Gitarren und unwiderstehliches Pop-Appeal im Abgang bleiben ebenso hängen wie der wilde Opener „S.U.C.C.E.S.S.“. Eine angepisste Haley Shea peitscht einen schrillen, punkigen Refrain durch und singt in den Strophen von jenen Ungerechtigkeiten, mit denen sich Frauen und Immigranten tagtäglich konfrontiert sehen.
Der Finger liegt in der Wunde und fördert richtig starke Tracks zutage. „Crying In Amsterdam“ macht ordentlich Alarm und treibt die Pop-Punk-Ansätze des Debüts in unbequeme Extreme vor, ohne dabei das Händchen für die packende Fast-Hook zu verlieren. „Telepathetic“ wirkt rein musikalisch fast versöhnlich mit seinen Drum-Rolls, den bratenden Gitarren und einer weiteren eingängigen Melodie, die entfernt an Blondie erinnert. Das kraftvolle „Sink Or Swim“ ermutigt mit etwas gemäßigteren Tönen und lässt im Schlussabschnitt sogar einen Hauch von Melancholie zu, während „Stuff“ geradezu radiofreundlich wirkt, als würden The Asteroids Galaxy Tour einen Rock-Track durch den Fleischwolf drehen.
„Sorry For The Late Reply“ lebt von diesen und vielen weiteren Perlen. Tatsächlich trauen sich Sløtface auf ihrem zweiten Album deutlich mehr zu und drängen in gleich mehrere Richtungen. Die Hooks fallen noch poppiger, die Punk-Anteile ruppiger, die Gitarren druckvoller aus. Eingängige Hits und clevere Texte nehmen abermals auf eine kurzweilige Reise mit, begleitet von einem feinsinnigen, musikalischen Allerlei, das binnen Sekunden Wurzeln schlägt und sich festbeißt. Die Norweger schreiben ein weiteres bezauberndes Album mit reihenweise guten Songs, die man einfach nicht oft genug hören kann.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 31.01.2020
Erhältlich über: Propeller Recordings (Rough Trade)
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