The Casket Lottery – Short Songs For End Times

The Casket Lottery
(c) The Casket Lottery

Lange Pausen werden überbewertet, denn The Casket Lottery machen einfach weiter, wo sie vor acht Jahren aufhörten. Nach dem Release von „Real Fear“ zog sich die US-Band langsam, aber sicher zurück. Der Vinyl-Re-Release ihrer ersten drei Alben im Jahr 2017 entfachte das Feuer erneut, man ging wieder auf Tour und hatte plötzlich Bock auf Musik. Gitarrist und Sänger Nathan Ellis schrieb „Short Songs For End Times“ mit der Live-Situation im Hinterkopf. Eine große Gitarrenplatte sollte es werden, und genau das ist den Veteranen gut 20 Jahre nach ihrem Debüt tatsächlich gelungen.

Das herrlich scharfkantige und zugleich eingängige „Big Heart / Closed Mind“, in aller Seelenruhe an zweiter Stelle lauernd, serviert The Casket Lottery in Reinkultur. Im ewigen Übergang zwischen Midwestern-Emo und Post-Hardcore werkend, ergibt sich ein unruhiger und doch leidenschaftlicher Song, welcher die stete Explosion vermuten lässt und in seiner kantigen Andeutung geschickt verharrt. Direkt im Anschluss nimmt „More Blood“ mehr Fahrt auf, abermals ohne über die Stränge zu schlagen. Im Refrain tauchen tatsächlich große Gitarren auf, bloß gerne etwas schräg und schief. Das hat Tradition, das hat Methode, das fühlt sich einfach wunderbar an.

Freilich lässt sich das Quartett aus Kansas City ebenso Platz für ein wenig Nachdenklichkeit. Weite Teile von „Unalone“ bewegen sich in semi-balladesken Gefilden, bevor es unbequem, laut und kratzbürstig wird. Die quengelnde, heftig zuckende Gitarre kommt gut. Für den Rausschmeißer „Sad Dream“ nimmt man sich sogar stolze sechseinhalb Minuten Zeit. Viel davon geht für dicke, wuchtige und zugleich alles andere als glatt gebügelte Sechssaiter drauf. Selbst die Vocals werden stellenweise laut, frustriert, einem wütenden Aufschrei nah. Und doch bleibt der Hemmschuh greifbar, denn The Casket Lottery wollen einfach nicht durch die Decke gehen. Das passt nicht zum Naturell und wird bekömmlich gelöst. Dafür rockt „Everything Is Broken“ in aller Kürze schön bekömmlich, beinahe punkig.

Eine musikalische Revolution bleibt aus, der Sturm entkommt jedoch dem Wasserglas: The Casket Lottery machen einfach weiter, wo sie vor acht Jahren aufgehört hatten, vielleicht eine kleine Spur rockiger mit zusätzlichen Alternative- und Indie-Flächen. Auf Easy Listening braucht – und will – man nicht hoffen, denn das Unbequeme im tiefsten Innersten jeglicher Form von Harmonie begleitet auch „Short Songs For End Times“, ein für die Band pointiertes Statement zum amerikanischen Status Quo. Das Ende wird in aller gitarrenlastigen Schwere zwischen Hooks und schroffen Klippen begrüßt – ein gewohnt ruppiges, willkommenes Festmahl.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 06.11.2020
Erhältlich über: Big Scary Monsters

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