Mush – Down Tools

Mush
(c) Sophie Jouvenaar

Sarkastisch, künsterlisch wertvoll, wunderbar eigenwillig: Mit ihren ersten beiden Alben richteten sich Mush häuslich ein im Hinterstübchen der beklemmenden Empfindsamkeit, begleitet von zynischen Kommentaren und Art-Rock-Sinnsuche mit Noise-, Indie- und Post-Punk-Unterstützung. Ihre dritte Platte in ebenso vielen Jahren will sich von den engmaschigen Stimmungen und Texturen auf „Lines Redacted“ entfernen und musikalisch deutlich mehr versuchen. Entsprechend geht „Down Tools“ als logische Weiterentwicklung mit hypnotisierender Vielschichtigkeit durch.

Glaubt man manchen britischen Medien, ist der englische Norden eine wilde, skurrile Gegend. „Northern Safari“ setzt sich mit dieser einseitigen Darstellung auseinander und legt sie als Spiegel für die gesamte Gesellschaft um. Der hibbelige, nervöse Vortrag – Art-Rock mit dezenten Hooks trifft kauzigen, noisigen Post Punk – bleibt sofort hängen. Noch abgedrehter wird es in „Inkblot And The Wedge“, wenngleich der Auftakt eher an eine Alternative-Rock-Hymne glauben lässt. Statt Feeder setzt es jedoch The Fall, zurückgelehnt und doch so fordernd. Dan Hyndman spricht und singt, lotet die Grenzen seiner vokalen Möglichkeiten aus. In der zweiten Hälfte gewinnt der Track an Fahrt, steigert sich in einen nervösen Rundumschlag, von wütenden Schreien gebührend zersetzt.

So abgedreht wird es sonst nur selten, und doch hat auch der Rest der Platte einiges an Befremdlichkeiten zu bieten. „Burn, Suffering!“ wirft mit Dissonanzen und Liars-artigen Einschüben um sich, glättet entsprechende Kanten jedoch um die für Mush typische Lässigkeit und lässt sich noisig treiben. In „Karoshi Karaoke“ schimmern schroffe Slogans und die Auseinandersetzung mit dem steten Wahnsinn durch, bevor „Get On Yer Soapbox“ Phrasendrescherei zynisch befeuert und die anfängliche Gleichförmigkeit des Arrangements sukzessive eskalieren lässt. „Group Of Death“ war hingegen anfänglich als WM-Song gedacht, hat damit nun aber nichts zu tun. Die stoische Ruhe der deutlichen Worte überrascht und funktioniert.

Anstatt alles umzuwerfen, bemühen sich Mush um organische Evolution im Kleinen. Eine neue, verfeinerte Ausrichtung lässt sich nicht von der Hand weisen, und doch ergibt dieser sukzessive Wandel absoluten Sinn. „Down Tools“ ist eine kurzweilige und doch anspruchsvolle Dreiviertelstunde geworden, sperrig und eingängig zugleich. Der himmlische Widerspruch sorgt für Unterhaltung und bietet dem Quartett zudem die perfekte Bühne für seinen speziellen Vortrag mit blumigen und doch direkten Worten. Das dritte Album in drei Jahren festigt Mushs Status als Art- und Post-Powerhouse.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 08.07.2022
Erhältlich über: Memphis Industries (Indigo)

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