Brother Grimm – The End

Brother Grimm
(c) Danny Kötter

Der Bruder hat Brüder mitgebracht: Aus dem Soloprojekt Brother Grimm ist nun eine Band geworden. Charlie Paschen von Coogans Bluff und Enni Semmler von Kaskadeur wirken nun aktiv mit, was Dennis Grimm natürlich neue musikalische Möglichkeiten mit auf den Weg gab. Zwei Gitarren, ein Schlagzeug und eine Stimme machen den ohnehin knackigen, eigenbrötlerischen Sound noch eine Spur schräger, aber auch härter und direkter, weiterhin minimalistisch veranlagt. Irgendwo zwischen stetem Widerspruch und komplettem Wahnsinn macht es sich „The End“ bequm und demonstriert recht eindrucksvoll, dass ein vermeintliches Ende zugleich ein prima Anfang sein kann.

Genug der abgedroschenen Weisheiten, denn mit solchen 08/15-Statements wird man Brother Grimm 2023 nicht annähernd gerecht. Ein Track „When The Lights Go Out You Sing Wuthering Heights“ bringt den alten, neuen Wahnsinn wunderbar auf den Punkt. Ja, das Faible für Ausuferndes blieb und bleibt erhalten, doch bieten diese sieben Minuten tatsächlich greifbaren, mitreißenden Mehrwert. Der zunächst oberflächlich geradlinige, noisig-quengelige Song driftet nach knapp zweieinhalb Minuten nämlich komplett ab und verliert sich in federnden instrumentalen Schleifen. Die Suche nach dem perfekten Momentum, sich gekonnt verrennend und doch so klar arrangiert, wird zum mitreißenden Highlight.

Es geht aber auch zügellos nach vorne, wie der Titelsong recht eindrucksvoll illustriert. Dass sich das Trio-Format durchaus etwas bei Sonic Youth abgeguckt hat, wird schnell klar, doch trägt die räudige, intensive 90s-Atmosphäre so viel eigentümlichen wie eigenständigen Charme in sich, dass diese Referenz mehr als großartig rüberkommt. „Homesick“ lebt hingegen von den Action zwischen den Noten. Grimm wirkt stimmlich losgelöst und singt sich in einen Rausch, während verspielter, feinsinniger und doch widerborstiger Anti-Punk nach der großen Erlösung sucht. Diese lauert schon in „In A Town Where Noone Gives A Shit“ und tänzelt mit überraschenden, erstaunlichen Indie-Qualitäten. Alleine schon die Gitarre geht nicht mehr aus dem Ohr.

Natürlich ist das Ergebnis alles andere als einfach oder gar geradlinig, doch war letztlich nicht exakt das erwartet worden? Die neu formierten Brother Grimm rennen offene Türen ein und denken den Solo-Sound gekonnt weiter, gerne mal deutlich direkter und forscher, aber weiterhin mit diesem herrlichen Händchen für Unorthodoxes, für plötzliches Abdriften, für das Suchen einer Form der Erlösung, die es gefühlt schon ewig nicht mehr gibt. „The End“ läutet zugleich eine gefühlt magische neue Ära der unendlichen Möglichkeiten ein, und dieses kauzige wie klare, umständliche wie liebevoll direkte Werk bemüht wohlige Wogen der Begeisterung.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 24.11.2023
Erhältlich über: Noisolution (Edel)

Website: www.brothergrimm.de
Facebook: www.facebook.com/brothergrimmband