The Black Keys – El Camino

The Black Keys

Im Vorfeld der Veröffentlichung von „El Camino“ dominierte eine große Frage erwartungsfrohe Fans und die gewogene Journaille: Hat der große Durchbruch die Black Keys weichgekocht? Während man hierzulande immer noch weitestgehend ein Feinschmecker-Phänomen ist – das im Mai 2010 veröffentlichte Album „Brothers“ schaffte es gerade mal auf die #96 – ging es in der US-amerikanischen Heimat direkt in die Top 3, Gold-Auszeichnung für Album und die Single „Tighten Up“ hinterher, dazu gleich drei Grammys – eine Veranstaltung die man konsequent nach 15 Minuten verließ, weil sie dem Power-Duo Patrick Carney und Dan Auerbach schlicht und ergreifend zu langweilig war. Auf besagtem „El Camino“ haben sich die beiden erneut mit Brian Burton aka Danger Mouse (u.a. Gnarls Barkley, Broken Bells) zusammengetan, ohne sich auch nur im Geringsten zu verbiegen.

Eines gleich vorweg: Jeder der elf Songs auf „El Camino“ ist ein Hit, überschüssiges Fett findet man nicht. Die weißesten Blues-Rocker der USA bauen noch mehr Soul in ihre Musik ein, wozu sie wohl auch Danger Mouse getrieben hat. Die eröffnende Single „Lonely Boy“ mit dem herrlichen Tanz-Video geht nach einem kurzen Intro in die Vollen: simpler Shuffle-Beat, eine Prise Funk an der Gitarre, dazu gewohnt beseelte Vocals. Zielstrebig marschiert das Duo gen Refrain, großer Chor mit angedeutetem Frage-und-Antwort-Spiel inklusive. Läuft einmal, brennt sich direkt ein, wird man nicht los. Wer sich hierzu nicht bewegt, kann sich auch gleich eingraben lassen.

„Gold On The Ceiling“ ist der zweite Übersong auf „El Camino“, getragen von einer kranken Orgel und der schreienden Gitarre – eine Antwort von „Caligulove“ von Them Crooked Vultures, wenn man so will. Apropos John Paul Jones: „Little Black Submarines“ erinnert eine Halbzeit lang stark an „Stairway To Heaven“, bevor The Black Keys in den souligen Blues-Hades hinabsteigen; die erste Ballade des Duos aus Akron, Ohio ist geboren. Highlights gibt es am laufenden Band: „Sister“, der funky Bastard mit Fistelstimme und Disco-Elementen, der monumentale Rausschmeißer „Mind Eraser“ mit seiner Glam-Gitarre und „Run Right Back“, ein verhältnismäßig geradliniger Blues-Shuffle mit ebenso schlicht gehaltener Melodie, die sich wohl gerade deswegen in Windeseile einbrennt.

Mit beinahe beängstigender Perfektion meistern The Black Keys das Album nach dem Durchbruch. Unbeeindruckt von Gold-Platten und Grammy-Awards verfallen Carney und Auerbach dem Soul noch ein Stückchen mehr, setzen ihren Chor immer wieder prägnant ein, während der Blues keineswegs verdrängt wird. Vielleicht, ja vielleicht reicht es nun auch hierzulande zu einer anständigen Chartplatzierung, die alleine auf einer qualitativen Ebene mehr als nur verdient wäre. Man möge die Herren weiterhin mit Auszeichnungen aller Art überhäufen, solange die Musik stimmt. „El Camino“ ist ein Hit-Album, ohne den Anspruch auf ein Hit-Album zu erheben. Eben ein genialer, sympathisch kauziger und tanzbarer Diamant.

VÖ: 02.12.2011
Nonesuch Records (Warner Music)

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