Manual Kant – Applaus

Manual Kant

Seltsamer Name, leicht wunderliches Auftreten, schwer verdauliche Musik – die selbst ernannten „niederbayerischen Taugenichtse“ Manual Kant sind alles, nur nicht einfach. Das Quartett aus Landshut bewegt sich im Indie-Rock-Universum betont frei herum, spielt mit Punk- und Post-Grunge-Elementen, gesäumt von einer dominanten Bassgitarre und pointierten Texten zwischen metaphorisch-verkopfter Abstraktheit und peinlich berührender Direktheit, die bereits Thees Uhlmann ordentlich abgefeiert hat. Über Dennis Scheiders Label Richard-Mohlmann-Records, auf dem unter anderem Ghost Of Tom Joad und Beat! Beat! Beat! beheimatet sind, erscheint nun das Debüt „Applaus“.

Gerade der Sound der Landshuter, einleitend bereits in einigen Worten angerissen, macht jegliche Kategorisierung problematisch. Indie Rock dient als Ausgangspunkt, wobei die Produktion überaus Tiefton-lastig ausfällt, schwer groovend mit ein wenig Noise gesegnet, zwischen kratzig und tanzbar pendelnd, dazu von den angenehm unaufgeregten Vocals Malte Borgmanns durchsetzt. Die Single „Die aschfahlen Mädchen“ fasst diese krude Mischung am besten zusammen, wenn die Niederbayern auf ein gespenstisches Intro einen entspannt rockenden Song mit dem trockenen Understatement der ersten Franz Ferdinand-Platte folgen lassen, wobei die Gitarren gelegentlich gen Stoner abdriften, ohne auch nur annähernd etwas mit dem Wüsten-Genre zu tun zu haben. Gekonnt neben der Spur, eindringlich und doch verdammt laid back – eine mehr als nur erfrischende Mischung.

Mit ihrem mechanischen Äußeren fallen Manual Kant auf, wenn sie beispielsweise im Opener „Applaus“ loop-artig Baustein auf Baustein aufeinander setzen, HipHop auf Post Punk treffen lassen – sozusagen Deichkind auf Rotz-Gitarren. „Gut aus“ hingegen beweist, dass die frisch reformierten Death From Above 1979 immer noch verdammt wichtig sind, wobei das Piano dem Track ein wenig 70s-Flair verleiht. Überhaupt experimentieren die Landshuter regelmäßig mit Klavier, Falsett und funky Backings, lassen gelegentlich The Who und Slade aufmarschieren. Zwischendrin darf es aber auch schon mal eine angepunkte Post-Grunge-Granate wie „Bindegewebe“ sein, die das komplette übrige Album ad absurdum führt.

Wie wahnwitzig dieser Erstling eigentlich ist, verdeutlicht der fantastische Rausschmeißer „Der Morgen“, der nach überaus zurückhaltendem Start mit dominanten Backings immer stärker anschwillt, Biss mit bleierner Schwere kombiniert, ein wenig Schweinerock einbaut und den Refrain mit faszinierendem Frage-Antwort-Spiel abrundet. „Applaus“ ist, sozusagen für die neue Generation X, eine Art Fortsetzung des Kante’schen Wahnsinns fernab von Peter Handke. Mit ihrem lockeren, dennoch schwerfälligen Sound und den gekonnt versetzten Grooves geben sich Manual Kant eine Spur rätselhaft und schwer zugänglich, gerade deswegen aber umso attraktiver und auch lohnenswerter – ein herausragendes Debüt für Kopfmenschen mit Bauchgefühl.

VÖ: 10.02.2012
Richard-Mohlmann-Records (Universal Music)

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