Lady Gaga – ARTPOP
„Ist das Kunst oder kann das weg?“: Die Hohepriesterin des Electro-Pop ist zurück! Mit der einer Regentin angemessenen Selbstverständlichkeit ruft Lady Gaga das Zeitalter des „ARTPOP“ aus, und spielt damit unübersehbar auf die Pop Art-Welle der 50er- und 60er-Jahre rund um Andy Warhol und Co. an. Von ebenjenem hätte auch das Cover ihres mittlerweile dritten Studioalbums sein können, für das jedoch der Künstler Jeff Koons im wahrsten Sinne des Wortes verantwortlich zeichnete. Musikalisch erlebt man beim sicherlich meisterwarteten wie -beachteten Album des Jahres die gewohnt gagaeske Achterbahnfahrt. Psychedelische Klänge, wilde Rhythmen, aber auch die ein oder anderen nachdenklichen Stücke machen „ARTPOP“ zu einem kurzweiligen Hörvergnügen.
Begonnen wird mit dem unkonventionellen, experimentierfreudigen Stück „Aura“, für das die Gaga gleichzeitig ein Video zur Promotion des Films „Machete Kills“, in dem sie ihr Kinodebüt gibt, veröffentlicht hat. Herrlich strukturlos prügeln in den Strophen knallharte Trance- und Techno-Beats auf die Ohren ein, während im minimalistisch gehaltenen Refrain ihre volle Stimmkraft zur Geltung kommt. Der folgende Song „Venus“ lädt mit seinen Synthi-Pop-Elementen ein zu einer Zeitreise in die 80er und lässt sogar leichte Parallelen zum gleichnamigen Titel von Bananarama erkennen. Hier hat es der geneigte Fan mit einem eher typischeren Gaga-Track zu tun, wenngleich erneut wieder sämtliche Stilrichtungen zusammengemixt wurden. Ähnlich verhält es sich bei „Do What U Want“, das sie zusammen mit R. Kelly aufgenommen hat. Wer dachte, dass sich aus Electro und RnB keine adäquate Symbiose bilden ließe, wird mit Nachdruck eines Besseren belehrt, da sich sowohl die Hauptprotagonistin als auch ihr Duettpartner hervorragend an die Struktur des Songs anpassen.
Doch „ARTPOP“ hält noch weitere Überraschungen bereit: Mit „Jewels N‘ Drugs“ und den Feature-Acts T.I., Too Short und Twista befindet sich sogar ein lupenreiner HipHop-Track auf dem Longplayer, der abermals eine ganz neue Facette eines der größten Popstars dieser Zeit offenbart. Und was wäre Lady Gaga, wenn sie nicht auch diesmal wieder gekonnt provozieren würde? Die Titel „Sexxx Dreams“ und „G.U.Y.“ spiegeln ihre sexuelle Emanzipation jedenfalls ohne Wenn und Aber wider und fallen neben treibenden Bässen vor allem durch ihre gewohnt gewagten Statements auf. Dass die 27-Jährige auch fließend Ironisch spricht, beweist sie mit ihrer Ode auf die Fingernagelpflege „Manicure“ sowie dem „Donatella“ Versace gewidmeten Stück, die beide äußerst tanzbar und – man mag es kaum glauben – abgedreht zugleich ausfallen. Wer es gern eine Spur ruhiger mag, dürfte mit den langsameren Songs „Fashion!“, „Gypsy“ und besonders der gelungenen Ballade „Dope“ gut bedient sein. Nicht zuletzt die erste Single-Auskopplung „Applause“ sowie der Titeltrack „Artpop“ fallen catchy und einprägsam aus, und sind mit dementsprechend viel Ohrwurmpotenzial ausgestattet.
Kein Zweifel: „ARTPOP“ stellt definitiv das bislang abwechslungsreichste Gaga-Album dar. Auch wenn die Marschroute mit wummernden Dance-Beats und krachenden Dubstep-Sounds („Swine“) klar ist, erwarten den Hörer weitere einfallsreiche Spielereien, die ihre ganze Kreativität zur Entfaltung bringen. Jeder einzelne des mit insgesamt 15 Titeln üppig bestückten Longplayers bietet Stoff für die berühmt-berüchtigte Selbstinszenierung des Gesamtkunstwerks Lady Gaga, das auch 2014 wieder Heerscharen von Fans in seinen Bann ziehen wird. Trotz allen Wirbels um die Person „behind the curtain, behind the burqa“ (Lyrics aus „Aura“) darf konstatiert werden: Sie weiß genau, was sie tut, und das mit einer Mischung aus Professionalität und kalkuliertem Wahnsinn, die einem fast Angst machen kann.
ARTPOP
VÖ: 08.11.2013
Interscope Records (Universal Music)
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