Regarde – The Blue And You

Erlebt rockig angepunkter Emo aktuell ein Revival oder war er nie wirklich weg? Wie auch immer dem sei, aktuell finden sich scheinbar monatlich neue Talente und arrivierte Bands mit packenden, emotional aufgeladenen Alben und richtig starkem Songwriting. Regarde aus dem italienischen Vicenza reihen sich in diese Riege ein. Das Quartett ackert seit mittlerweile sechs Jahren durch die Lande und durfte unter anderem bereits Meat Wave und The Flatliners supporten. Nun erscheint ihr zweites Studioalbum „The Blue And You“.
Wer auf typischen Emorock mit punkigen Untertönen und ausladender Atmosphäre steht – Turnover und Jimmy Eat World standen unter anderem hörbar Pate – sollte hier gut zuhören. Das eröffnende „Losing Touch“ geht mit Biss und Elan durch die Decke. Der scharfkantige und doch verwaschene Sound spielt mit den Anfängen des Genres, verbindet Komfortzone mit schroffer Wucht. In weiterer Folge spielt „Everything You Said“ mit Shoegaze, wirkt dick und plüschig, strahlt zugleich eine gewisse Unruhe aus. So winken sogar die Deftones kurz vorbei in diesem zunächst unscheinbaren, dann überlebensgroßen Powerhouse.
Was Regarde sympathisch macht, ist die feinsinnige Nuancierung ihres Sounds. Fast jeder Song entlockt neue Stilelemente, darunter das reduzierte und doch so explosive „In My Head“. Aus falscher Sicherheit entwickelt sich eine Beinahe-Eruption, bevor wütende Dissonanzen und bratendes Riffing folgen. In „Wide Awake“ scheinen wuchtige Drumsalven in Richtung Emo-Punk zu steuern, dahinter wickeln die Italiener selbst einzelne Uptempo-Passagen in einen ausbalancierten Zen-Mantel. „Now Or Never“ spielt hingegen mit verschiedenen Rock-Spielarten, deutet für wenige Momente Sprechgesang an und taucht schließlich in Art-Gefilde ab.
Jeder Track auf „The Blue And You“ ist für sich ein Erlebnis. Das macht es zwar zunächst schwer, die große Vielfalt in einem dennoch halbwegs festgesteckten Rahmen zu erfassen. Wenn die Platte aber zündet, dann so richtig. Von druckvollen Gitarrenwänden über Bewegendes bis zu Punk und Atmosphäre decken Regarde so ziemlich die gesamte Emo-Pluralität in 33 Minuten ab und finden dabei sogar einen roten Faden. So schön kann innere Zerrissenheit klingen.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 24.01.2020
Erhältlich über: Through Love Records (Indigo)
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