Kommando Kant – Aussterben ist ein schönes Hobby

Kommando Kant
(c) Bartosz Harasimowicz & Nina Behr

Bei Kommando Kant mahlen die sprichwörtlichen Mühlen etwas langsamer. 2012 gegründet, sollte es vier Jahre bis zum Debütalbum „Ziehen Sie ’ne Nummer“ dauern, danach vergingen erneut vier Jahre bis zum Hier und Jetzt. Dabei ist der kurzweilige, an Captain Planet angelehnte Indie-Punk-Sound aktueller denn je und ließ sogar das neue Label DevilDuck Records mit der Maxime, keine deutschsprachigen Bands zu veröffentlichen, brechen. Es wäre aber auch schade gewesen, auf „Aussterben ist ein schönes Hobby“ verzichten zu müssen.

Die eröffnende Single „Miami“ bringt die Kants schnell wieder auf Kurs. Von der kurz nach den Aufnahmen ausgestiegenen Rhythmusmaschine Jannis Reiher – seinen Platz nahm mittlerweile Lilian Stenzel ein – angetrieben, baut sich ein understatetes und doch angenehm druckvolles Kleinod auf, das sich mehrfach häutet und zugleich von einer gewissen Düsternis umgarnt wird. Diese Schwere bricht immer wieder an die Oberfläche, beispielsweise im grenzgenial betitelten „Stuck Inside Neugraben With The Death Wish Blues Again“. Mehr Cassels als Ulf, und genau das kommt gut – das unbequeme Auftreten macht Laune und gibt sich in den richtigen Momenten dennoch catchy.

Natürlich geht es auch schneller und rasanter. „Leid geworden, lieb gewonnen“ springt gleich arschlings voran ins Gesicht, betont die punkige Schlagseite der Band und findet zwischendurch trotzdem Zeit für nachdenkliche Noten. Davon ist im Schrammel-Sprinter „Christian kommt nach Hause“ herzlich wenig zu hören, die Explosivität kommt aber mindestens so gut wie die XXL-Melancholie des gemächlichen, dennoch pointierten „Datengetrieben“. Der gekonnte, durchaus harmonische Midtempo-Rocker „Nenn mich beim Namen“ bereitet geschickt auf die Anti-Hymne „Bräist“ vor. Bei aller Harmonie und angedeuteter Grandezza, der letztlich doch bloß der Schalk aus dem Nacken lacht, baut sich eine angenehm desolate Monstrosität vertonter Entfremdung auf.

Die lange Wartezeit hat sich gelohnt, Kommando Kant können ihre bestechende Front über den Schaltjahrzyklus retten und zeigen sich dort, wo es wichtig ist, sogar noch stärker, noch unterhaltsamer. „Aussterben ist ein schönes Hobby“ – der Albumtitel ergab sich übrigens schon vor der Pandemie – verbeißt sich gekonnt, schüttelt abwechselnd hymnische und schroffe Momente aus dem Ärmel, ist zugleich bezaubernd und verstörend. Dem Captain Planet-Vergleich, obwohl gewisse Anleihen weiterhin präsent sind, wäre das Quartett nun entwachsen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 14.08.2020
Erhältlich über: DevilDuck Records (Indigo)

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