King Mothership – The Ritual

King Mothership
(c) Randy Edwards

Zwischen den ersten beiden Alben seiner Hauptband Periphery begann Sänger Spencer Sotelo still und heimlich mit den Arbeiten an einem Soloprojekt. Sotelo veröffentlichte ein paar Demos über Soundcloud, bevor er keinen Bock mehr auf die eingeschlagene Richtung hatte und die Songs ins Archiv packte. Immer wieder von Fans darauf angesprochen, grub er die Sessions vor ein paar Jahren erneut aus und entschloss sich, das King Mothership getaufte Soloprojekt zu komplettieren und neu abzumischen. Neun Jahre nach der ersten geschriebenen Note landet „The Ritual“ nun endlich.

Während sich sein eigentliches Betätigungsfeld durch wilden, überdrehten und teil knüppelharten Prog Metal mit Djent-Schlagseite auszeichnet, geht es hier deutlich rockiger und eingängiger vor sich. Über weite Teile möchte man direkt an eine Rock-Oper glauben – bei so unterschiedlichen Einflüssen wie Muse, The Mars Volta, Jamiroquai und Queen (who else?) keine große Überraschung. „Cosmic Meltdown“ zeigt recht gut, wohin die Reise geht, und wurde nicht umsonst als Vorbote gewählt. In fünf Minuten spannt Sotelo den Bogen von hymnischen, treibenden Rock-Sounds mit Pop-Flair zu proggiger Explositivät, zu einzelnen Post-Hardcore-Attacken und wieder zurück zu kompositorischer Grandezza mit 70s- und 80s-Flair. Zahlreiche Details und starke Gesangsmelodien geben sich die Klinke in die Hand.

„The Ritual“ zeigt nicht nur den wandelbaren Sänger Spencer Sotelo, sondern auch einen starken Songwriter und Multi-Instrumentalisten. Mit Ausnahme der Drums und einiger Bassspuren – hier halfen Bandkollege Matt Halpern und Ex-Slaves-Mitglied Tai Wright aus – stammt alles aus seiner Feder. Bei den unzähligen Spuren, die sich beispielsweise im Titelsong „The Ritual“ tummeln, ist das erst recht beeindruckend. Sotelo reißt in einem seltenen Moment imaginäre Mauern zu Periphery ein und gibt sich dem Wahnsinn hin. Die cineastische Abfahrt zwischen Panic! At The Disco und Devin Townsend packt sofort zu, hält zugleich die wuchtigsten und weichsten Momente dieser Platte parat.

Ein weiteres Mammutwerk ähnlicher Dimensionen ist der Rausschmeißer „I Stand Alone“. Auch hier keift und bellt Sotelo in seltenen Momenten, drängt seinen Rock-Oper-Ansatz in Richtung Modern-Prog und holt sich zudem packende Unterstützung von Gitarrist Plini in einem wilden Solo. Die hymnischen, radiofreundlichen Tracks können mit derlei Übertreibung locker mithalten. „Ego 101“ ist stellenweise unheimlich kitschig und klebrig, ohne auch nur die Spur peinlich anzumuten – eingängig, melodisch und richtig schön überdreht. Das verspielte, mit zahlreichen Keyboard-Spuren kokettierende „Babby“ und der verspielte Panic-Stomper „Gold“ sind ebenso vom Feinsten.

Was lange währt, löst sich irgendwann von irdischen Fesseln los. King Mothership doch noch in seiner Vollständigkeit zu hören, nach all den langen Jahren, weiß zu unterhalten. Spencer Sotelo zeigt seine vielfältigen Songwriting-Skills, entlockt seinen Stimmbändern gewohnt packende Töne und schreibt nebenher eine Art Rock-Oper, die doch letztlich kaum etwas mit diesem hochtrabenden Begriff zu tun hat. „The Ritual“ macht Spaß, erschüttert, bewegt, nimmt in den Arm und lässt mit gereckter Faust hymnische Zeilen mitbrüllen – ein richtig guter, kurzweiliger und bei aller Eingängigkeit eindrucksvoll vielschichtiger Leckerbissen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 02.10.2020
Erhältlich über: 3DOT Recordings / Century Media

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