Paper – Mischmasch

Paper

Mit Bandnamen ist es ja so eine Sache. Einprägsam sollten sie sein, gerne kurz und schlagkräftig, möglichst unverwechselbar. Was sich Paper bei ihrer Gründung wohl gedacht haben? Das schwedische Trio um Calle Olsson (The Bear Quartet, Paddington DC) hat sein Debütalbum „An Object“ längst hinter sich gelassen und präsentiert auf dem direkten Nachfolger nun mehr von allem; mehr Garage Rock, mehr Punk, mehr Krautrock, mehr Elektronik. Eben ein echter „Mischmasch“, gleichermaßen komplex wie hitverdächtig, irgendwo zwischen den Hives und Joy Division.

Im Prinzip kennen Paper auf „Mischmasch“ zwei Gangarten – die furios-rasante, punkige und die etwas getragenere, New Wave-lastige. Der Opener „Coming From You“ scheint sich anfänglich noch zwischen diesen beiden Extremen aufzuhalten, bevor nach knapp eineinhalb Minuten das Keyboard einsetzt, das The Cure auf Alphaville treffen lässt. Düster-Post-Pop-Wave-Punk ist das, gewissermaßen, unverschämt eingängig ebenso. „She’s Got Lard“ – einer von drei Tracks, die von Björn Yittling (Peter, Björn And John) produziert wurden – nimmt mit mächtig verzerrten Gitarren und sperrigem Bassgewitter hingegen ordentlich Fahrt auf, traut sich in der Middle-8 in finstere Electro-Untiefen herab.

Gerade die furios-krautigen Wave-Punker – „Don’t Go Out With Him“, das kratzbürstige „Our World“ und das etwas gemäßigtere „People“ (die Undertones lassen grüßen) – verleihen dem Album ein wenig Farbe, während ein Kaliber wie „Meaning Of A Special Kind“ die Ästhetiker begeistern dürfte. In sechs luftigen, New Wave-lastigen Minuten mit deutlicher Joy Division-Schlagseite nisten sich Paper tief in den 80er Jahren ein, getragen von melancholischen Synthis und jenem schwerfälligen Habitus, der auch das etwas flottere, nicht minder verkopfte „Ears Keep Ringing“ auszeichnet. Die Gitarren sind zwar präsent, rücken aber ein wenig stärker in den Hintergrund, während die Schweden vor allem auf Atmosphäre, auf Broadband-Soundscapes und ein wenig Horizont-Schwarzmalerei setzen, 80s-Fernweh mit Endzeit-Stimmung und Power-Pop-Momenten strecken.

Auf ihrem zweiten Album scheinen Paper eine explosive Mischung gefunden zu haben. Post Punk mit New Wave-Elementen, Pop-Momenten und krautig-verkopfter Kratzbürstigkeit macht aus „Mischmasch“ eine 45 Minuten lange Tour de force der besonders spektakulären Art. Während die kürzeren Tracks direkt in die Vollen gehen, ja sogar schmerzhaft im Auftreten sind, sorgen die elektronischen, zuweilen sogar psychedelisch angehauchten Momente (vor allem in „Meaning Of A Special Kind“) für jene Tiefe, die aus einer guten Platte ein exzellentes Werk macht. Auch über ein Jahr nach seinem ursprünglichen Release – „Mischmasch“ erschien bereits im Februar 2011, hierzulande jedoch nur digital – hat der Paper-Zweitling nichts an Magie eingebüßt; im Gegenteil, wie guter Wein reift die Langrille mit zunehmendem Alter.

VÖ: 25.05.2012
Novoton (Broken Silence)

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