The Joy Formidable – Wolf’s Law
The Joy Formidable könnten es sich einfach machen, die weiche Stimme Ritzy Bryans in zugänglichere Songs kleiden, ihnen den kratzigen Mantel abnehmen und die Rohdiamanten bis zur Unkenntlichkeit schleifen. Das Debütalbum „The Big Roar“ war jedoch gerade deswegen reizvoll, weil die drei Waliser eben nicht den Weg des geringsten Widerstandes gingen. Ihre Songs, die sich in etwa so anfühlen, als würde man einen goldenen Kerzenständer mit Schmirgelpapier bearbeiten, brachten der Band unter anderem einen Major-Vertrag, eine monatelange Tour mit den Foo Fighters und diverse Festival-Auftritte ein. „Wolf’s Law“ lenkt nun das bärbeißige Chaos in so etwas wie geregelte Bahnen, ohne dabei das angriffslustige Auftreten zu verlieren.
Dass das Trio weiterhin Kekse mit Stahlkanten serviert, zeigt es gleich zu Beginn. Die aktuelle Single „This Ladder Is Ours“ entwickelt sich nach einem beinahe kitschigen Keyboard-Intro zu einem treibenden Rocker mit dezent poppigen Untertönen. „Cholla“ setzt sogar noch einen drauf, glänzt mit ungefilterter Aggression und einem wütenden, durch Distortion bis zur Unkenntlichkeit entstellten Riff. Höhepunkt der Suche nach dem ultimativen linken Haken ist „Bats“, ein waschechtes Powerhouse, das an die Anfänge von Muse erinnert. Gerade das wütende Geballer, vor allem der ungewohnte Doublebass-Einsatz, und ein erfrischend kaputtes Gitarrensolo rücken den Track irgendwo ins Punk- und Thrash-Umfeld, ohne jedoch aus dem kontrollierten Wahnsinn des Sounds der Waliser auszubrechen.
Für Abwechslung ist gesorgt: „The Leopard And The Lung“ wird zu einer monumentalen Rock-Hymne mit eingängigem Unterbau, „Little Blimp“ erinnert an die fiese Hektik des Materials auf „A Balloon Called Moaning“ und knüpft stellenweise gar an das einst revolutionäre Auftreten von Hole an. „The Turnaround“ als Power-Ballade mit massivem Keyboard-Einsatz erweist sich als mehr als nur gelungener Abschluss. Es lohnt sich, dranzubleiben, denn nach einer Minute Stille entpuppt sich der versteckte Titeltrack als emotionaler Höhepunkt. An „Maw Maw Song“ werden sich freilich die Geister scheiden. So holprig der Anfang auch ausfällt, das schwülstige 70s-Riff mit T.Rex-Untertönen und übertrieben monumentaler Hard Rock-Gestik bietet die perfekte Überleitung in ein kaputtes Prog-Noise-Monster, das stets nach The Joy Formidable klingt, sich dabei immer weiter und weiter aus dem Fenster lehnt, epochaler Zusammenbruch inklusive.
„Wolf’s Law“ ist der Prototyp eines Hit-Albums, das eigentlich keines ist. Wie schon auf den bisherigen Releases gehen The Joy Formidable von unverschämt eingängigen, be- und verzaubernden Melodien aus, die sie in widerspenstige Rocker kleiden, auch wenn sie dieses Mal förmlich nett, zugänglich auftreten. Die Waliser lassen in seltenen Momenten ihr latent auftretendes Pop-Appeal für sich stehen, haben aber ebenso Tracks wie das knüppelharte „Bats“ und den 70s-Progger „Maw Maw Song“ im Gepäck, die das vermeintlich lineare Auftreten genüsslich ad absurdum führen. Im Endeffekt ist „Wolf’s Law“ ein leidenschaftlicher Grower, dem Über-Rock-Album verdammt nahe.
Wolf’s Law
VÖ: 18.01.2013
Canvasback Music / Atlantic Records (Warner Music)
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