The Scenes – Beige
Von finnischen Bands erwartet man sich, sofern nicht im Pop angesiedelt, eine gewisse Grundmelancholie, Nachdenklichkeit, ja sogar Fatalitätsempfinden. Das junge Sextett The Scenes hält davon herzlich wenig und befindet sich nun auch auf Kurs nach Deutschland. Erschien das Debütalbum „Images Of Animals Crying In Public“ noch ausschließlich in der Heimat, setzen die Jungs aus Oulu mit „Beige“ nun zum Breitenangriff an. Das weitgesteckte Sound-Outfit zwischen Alternative Rock, Prog, Art-Pop und sogar Hardcore Punk macht dieses Unterfangen nicht immer leicht.
Und doch lohnt sich jede Sekunde, die mit dieser überaus faszinierenden Platte verbracht wird. „Hunters“ eröffnet den Reigen getrieben, ein wenig hektisch und lässt Synthis mit hibbeligem Indie Rock kollidieren. Die elektronisch-tanzbare und doch durch und durch rockige Präsentation erinnert – nicht zum letzten Mal auf dieser Platte – an die Landsleute Disco Ensemble. Bereits hier fällt Konsta Koivistos besonderer Gesang auf, der schon mal plötzlich ins Falsett umschlägt und dabei an Matt Bellamy erinnert. Aber auch in punkto Dramatik standen Muse neben Radiohead hörbar Pate.
Müsste man das Album auf einen Song reduzieren, wäre dies wohl „City Of White Blankets“; ein Track, der nun wirklich alles bietet: Mini-Rock-Oper, große Pop-Momente, mächtige Riffs, gedankenverliebter Prog und sogar bärbeißiges Hardcore Punk-Geballer machen diese viereinhalb Minuten zu einem sperrigen wie explosiven Erlebnis. „Purple“ erinnert mit seinem herrlich verschrobenen Schwulst gleichermaßen an die frühen Muse-Balladen wie auch an so manchen JJ72-Moment. Überhaupt wachsen The Scenes in der zweiten Albumhälfte über sich hinaus, feuern das herrlich direkte „For It’s A World Where Love & Confusion Reign“ und das schwerfällige, schwer atmende, von großartigen Alternative-Momenten durchzogene „Anorexia Is Boring“ direkt hintereinander ab für maximalen Eindruck.
Schwache Momente sucht man auf „Beige“ vergebens, selbst die anfangs etwas blasse Ballade „King For A Day“ wächst mit jeder Sekunde und stemmt sich erfolgreich gegen den Kitsch. Nein, auszusetzen gibt es am zweiten Album der Scenes so gut wie überhaupt nichts, auch wenn es nicht gerade leicht ist den Fluss dieser Platte zu finden. Die Finnen machen es mit diesem opulenten Werk weder sich noch der geneigten Hörerschaft einfach und brechen mit jeglichen potentiellen Erwartungen im Sekundentakt. So viel Mut, so viel Pomp und so viel gekonnt in herausragende Songs umgesetzte Kreativität will, nein, muss gelobt und gefeiert werden.
Beige
VÖ: 13.03.2015
Sound Of Finland / BB*Island (Cargo Records)
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