Retro Stefson – Kimba
Wer bei isländischer Musik immer noch an die beschaulich magischen Klanglandschaften von Sigur Rós denkt, wird bei Retro Stefson tellergroße Augen machen. Die sieben Youngsters (Durchschnittsalter: 20 Jahre) würzen ihren tanzbaren Indie-Pop mit lupenreinen Afrobeat-Einflüssen Marke Fela Kuti. Klingt komisch, funktioniert aber hervorragend. Als ersten Appetizer für das bereits zweite Album „Kimbabwe“ – das Debüt „Montaña“ ist hierzulande nur digital erhältlich – dient die E-Single „Kimba“, der etwas andere Sommerbote und Yeah! Club-Favorit.
Mit einer simplen, verheißungsvollen Bass-Rhythmus-Kombination eröffnen die Isländer, packen ein wenig Percussion und Keys drauf. Hat etappenweise etwas von Samba, gepaart mit „Kimba“-Chants und verkappten Math-Gitarren. Erst nach einer Minute geht die Reise so richtig los in einen fantastischen Refrain, die Unnstein Stefansson in einer schwer zu definierenden Sprache singt. Kunststück, schließlich wurde er als Sohn eines Isländers und einer Angolanerin in Portugal geboren. So vorwitzig dieses funkige Zwischenspiel auch ist, so energisch treiben Retro Stefson den Song nun voran mit kleineren Instrumentalteilen, deutlich intensiveren Gitarren und beinahe proggigen Flächen, ja sogar schweißtreibend rockenden Breakdown, nur um das klassische Afrobeat-Motiv immer und immer wieder aufzunehmen.
Quasi zum Drüberstreuen über diese erstaunliche wie eingängige Tour de Force gibt es ein Video mit einem kauzigen Busfahrer, einem verschwitzen Club, den kunterbunten Retro Stefson-Uniformen und rhythmischen Sportgymnastinnen. Klingt komisch, ist aber so. „Kimba“ ist nicht nur eine geniale Idee Afrobeat- und Worldmusic-Elemente mit (Prog-)Rock-Gehversuchen zu verwengen, es stellt quasi im Vorbeigehen auch sämtliche Klischees und Erwartungen bezüglich der isländischen Musikwelt auf den Kopf. Hierzu kann man die Füße kaum still halten.
4,5/5 | DL-Single
VÖ: 29.04.2011
Vertigo Berlin (Universal Music)
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